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Die Abschreibung der immateriellen Vermögensgegenstände: | ||||
Während Geschäfts- oder Firmenwerte im deutschen Handelsrecht derzeit noch über vier Jahre (§255 Abs. 4 Satz 3 HGB) und im deutschen Steuerrecht über 15 Jahre (§7 Abs. 1 Satz 3 EStG) abgeschrieben werden, ist deren planmäßige Abschreibung in IFRS 4 inzwischen gänzlich untersagt worden. Für viele andere Arten immaterieller Vermögensgegenstände bestehen indes gar keine Vorschriften, weder im Handels- noch im Steuerrecht. Das macht die Frage nach deren Abschreibung sehr facettenreich.
Hinzu kommt, daß die steuer- und handelsrechtliche Abschreibung sich zwar auf den Anschaffungswert richtet, die kalkulatorische Abschreibung aber stets vom Wiederbeschaffungswert ausgeht. Beide Verfahren sind voneinander weitgehend unabhängig. Das macht die Bewertung nicht einfacher. Betriebsübliche Nutzungsdauer schwierig festzustellenFür die handels- und die steuerrechtliche AfA gilt, daß über die betriebsübliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden sollte, wenn keine Rechtsquelle gegeben ist. Neben den starren Fristen für Geschäfts- oder Firmenwerte kommt hier die amtliche AfA-Tabelle in Frage. Voraussetzung ist, daß ein immaterieller Anlagegegenstand überhaupt selbständig nutzbar ist. Das kann bei Software oft verneint werden, so daß die Software-AfA mindestens bei Betriebssystemen nach der Nutzungszeit des jeweiligen Computers zu bemessen ist. Schwieriger kann das bei eindeutig separat nutzbaren immateriellen Vermögensgegenständen wie zum Beispiel bei Webseiten sein (mehr dazu hier, hier und hier). Hier sollte nach einer objektiven Erkenntnisquelle für die Nutzungsdauer geforscht werden. Lizenzen sind oft zeitbeschränkt und gewerbliche Schutzrechte haben eine definierte Laufzeit. Diese kann unter Umständen als Abschreibungszeit angegeben werden. Keine planmäßige AfA ohne identifizierbare NutzungsdauerIst keine Nutzungsdauer zu identifizieren, so plädieren wir dafür, gar keine planmäßige bilanzielle Abschreibung durchzuführen. Eine regelmäßige Wertminderung setzt eine tatsächliche Abnutzung voraus; dies ist aber, wenn keine gewillkürte Zeitbegrenzung gegeben ist, bei immateriellen Vermögensgegenständen stets fiktiv. Selbst bei Softwareprodukten kann der Update-Zyklus stark schwanken, wie das Drama um Windows Vista zeigt. Auch das ist also keine verläßliche Erkenntnisquelle für die betriebsübliche Nutzungsdauer. Tatsächliche Wertminderungen können jedoch im Wege der außerplanmäßigen Absetzung abgebildet werden. Das entspricht im wesentlichen dem impairment test nach IAS 36. Einzelkaufleute und Unternehmensgründer sind hierbei oft versucht, die persönliche Lebensspanne als Maßgrundlage für die Abschreibung anzunehmen. Das halten wir für falsch, denn es widerspricht dem Grundsatz der Unternehmensfortführung. Zudem sollte die Nachfolgerfrage gelöst und damit der Bestand des Unternehmens über die eigene Lebenszeit hinaus gesichert werden. Kalkulatorische Abschreibung folgt bilanzieller AfAObwohl die kalkulatorische Abschreibung von der bilanziellen AfA weitgehend entkoppelt ist, folgt sie doch ähnlichen Grundprinzipien. Ein zeitlich unbeschränkt nutzbarer immaterieller Vermögensgegenstand muß auch nicht in absehbarer Zeit ersetzt werden. Er hat daher keinen Wiederbeschaffungswert und damit, ähnlich wie ein Grundstück, keine kalkulatorische Abschreibung. Außerordentliche Wertminderungen sind neutrale Aufwendungen und als solche nicht kostenwirksam. Zinskosten davon unberührtImmaterielle Vermögensgegenstände sind damit aber nicht ganz aus der Kostenrechnung entfleucht. Sie werden zwar meist nicht kalkulatorisch abgeschrieben, aber sehr wohl kalkulatorisch verzinst. Die in ihnen verkörperte Kapitalbindung ist also gleichwohl Gegenstand der Kostenrechnung. Materielle Vermögensgegenstände werden hierbei in der Regel auf den Mittelwert aus Anschaffungskosten (AK) und Schrottwert (SW) verzinst: Diese Methode wäre für immaterielle Vermögensgegenstände meist unangemessen. Hat ein immaterieller Vermögenswert keinen Wiederbeschaffungswert, so ist er meist zeitlich unbeschränkt nutzbar. Er hat damit auch keinen Schrottwert. Es ist daher sinnvoll, die kalkulatorische Verzinsung in diesen Fällen direkt auf den Anschaffungskostenwert zu richten, denn ein Durchschnitt ist ja nicht berechenbar: Schwierige BeurteilungInsgesamt sind die Verhältnisse bei immateriellen Vermögensgegenständen weitaus komplexer als es bei materiellen Wirtschaftsgütern der Fall ist. Daher werden hier auch viele Fehler gemacht. Buchhalter, Controller und nicht zuletzt Prüfungsteilnehmer müssen hier besonders genau bescheid wissen, um nicht in listig ausgelegte Fallen zu tappen. Links zum Thema: Kostenrechnung: Rechenmethoden und Rechenfehler bei der kalkulatorischen Abschreibung | Die Kraft der zwei Abschreibungen, oder warum alle Anlagegüter doppelt abgeschrieben werden (sollten) | Amtliche AfA-Tabellen | Abschreibung der immateriellen Vermögensgegenstände: grundlegender Paradigmenwechsel in Handels- und Steuerrecht | Das Vorsichtsprinzip im Rahmen der IFRS, demonstriert am Beispiel des Geschäfts- oder Firmenwertes | Bilanzierung von Webseiten, Teil 1 von 3: Virtuelle Vermögenswerte | Bilanzierung von Webseiten, Teil 2 von 3: Die Webseite als Aufwendung | Bilanzierung von Webseiten, Teil 3 von 3: Rechnungsabgrenzung in HTML und CSS | IAS 36: was ist eine zahlungsmittelgenerierende Einheit? | AfA-Rechner für Excel (interne Links) Literatur: Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Abschreibung" (und viele verwandte Stichworte), "AfA-Tabelle", "immaterielle Vermögensgegenstände", "kalkulatorische Abschreibung", "kalkulatorische Kosten", "kalkulatorische Zinsen", "Wiederbeschaffungswert". [Manuskripte]: "Einführung in das REWE.pdf", "Lehrbuch der KLR.pdf". [Excel]: "AfA-Tabelle.xls". |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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