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Abschreibung der immateriellen Vermögensgegenstände: | |||||||||||||||
Bei Bilanzierung und Bewertung der immateriellen Vermögensgegenstände ist seit vier Jahren ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel im Gange, der mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz auch in Deutschland zum Abschluß kommen könnte. Dabei könnten sich ausnahmsweise sogar das Steuerrecht als Vorreiter der Modernisierung erweisen. Wir zeigen, was sich ändert, und warum. Der Reichsgesetzgeber ohne PlanDie immateriellen Vermögensgegenstände wurden einst vom Reichsgesetzgeber bei Inkraftsetzung des Handelsgesetzbuches 1897 noch recht stiefmütterlich behandelt, sind im Informationszeitalter aber von großer Wichtigkeit. Neben der Software gehören aber auch Markenrechte, Webseiten (Artikel 1, Artikel 2, Artikel 3) oder Geschäfts- oder Firmenwerte dazu. Die ursprüngliche Planlosigkeit des Gesetzgebers bei den Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften scheint jetzt korrigiert zu werden. In der internationalen Rechnungslegung wurde dieser Fehler schon in 2004 korrigiert. Unzeitgemäßes Aktivierungsverbot nach §248 Abs. 2 HGBSo besteht derzeit noch das Aktivierungsverbot für unentgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des §248 Abs. 2 HGB, dem die gleichartige Vorschrift in §5 Abs. 2 EStG entspricht. Diese Regelung steht auf der Reformliste des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) und soll in 2009 durch eine Bewertung zum "beizulegenden Zeitwert" (fair value) ersetzt werden. Das wird auch höchste Eisenbahn in einer Zeit da virtuelle Güter zu den wichtigsten Vermögensgegenständen vieler Unternehmen gehören. Chaotische Bilanzierung der Geschäfts- oder Firmenwerte
So ist nach §255 Abs. 4 Satz 2 HGB der Geschäfts- oder Firmenwert pro Jahr zu "mindestens einem Viertel" durch Abschreibung zu tilgen, aber gleich Satz 3 derselben Vorschrift enthält das Wahlrecht, diesen Wert auf die voraussichtlichen Nutzungsjahre zu verteilen. §7 Abs. 1 Satz 3 EStG dagegen legt als typifizierte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Geschäfts- oder Firmenwertes 15 Jahre pauschal fest, was für ein Unsinn. Warum das Quatsch ist merkt wer untersucht, wie es überhaupt zu einem Goodwill kommt. Der nämlich entsteht, wenn ein Unternehmen für mehr als das Eigenkapital nominell wert ist übernommen wird. Das aber ist keine Gefälligkeit, sondern die Bewertung von Marktmacht, Markenbekanntheit oder Humankapital, also gerade ein immaterielles Wirtschaftsgut ohne definierbare Abschreibung oder feststehende Nutzungszeit: die Kundentreue oder das Humankapital können nämlich an einzelnen Mitarbeitern festgemacht sein und schlagartig verschwinden, wenn diese das Unternehmen verlassen. Oder ein Produkt kann maßgeblich sein, und der Goodwill verschwindet mit diesem Produkt. Das war dem Gesetzgeber selbst zu Zeiten des Bilanzrichtliniengesetzes 1985 offenbar noch ziemlich unbekannt. Anscheinend aus Verlegenheit wurden die 15 Jahre als fiktive Nutzungsdauer festgelegt. Realistischere Bewertung in den IAS/IFRSDie International Financial Reporting Standards sind da schon weiser: IFRS 3.55 Satz 1 enthält ein ausdrückliches Abschreibungsverbot. Der Geschäfts- oder Firmenwert ist zu Anschaffungskosten minus angesammelte außerordentliche Wertverluste zu bilanzieren (IFRS 3.54) und darf nicht planmäßig abgeschrieben werden – weil er nämlich keine planmäßige Nutzungszeit hat. Ein Wertverlust ist durch eine Werthaltigkeitsprüfung (impairment test) festzustellen und kann ggfs. auch einen schlagartigen Totalverlust feststellen. Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz soll das HGB den IAS/IFRS angenähert werden. Es ist zu hoffen, daß das auch in dieser Hinsicht passiert. Das Steuerrecht hat schon einen Anfang in dieser Richtung gemacht. Das Steuerrecht als Vorreiter der ModernisierungUnbelastet von starren Vorgaben des unwissenden Gesetzgebers hat der Bundesfinanzhof nämlich schon mit Urteil vom 19.10.2006 (Az.: II R 6/05, BStBl. 2007 II, S. 301) entschieden, daß die Aufwendungen zum Erwerb eines Domainnamens Anschaffungskosten eines nichtabnutzbaren immateriellen Vermögensgegenstandes (und nicht Entschädigungen an den Vorinhaber) sind und daher erst zum Zeitpunkt der späteren Veräußerung, nicht aber durch Abschreibung als Betriebsausgabe abgezogen werden dürfen. Von hier aus ist es nur noch ein ganz kurzer Schritt zum generellen Abschreibungsverbot für Geschäfts- oder Firmenwerte. Steuergesetzgebung und Steuerrechtsprechung, sonst nicht gerade ein Kompetenzzentrum für Neuerungen bei Bewertung und Bilanzierung, könnte sich hier als Vorreiter bei einer moderneren Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände profilieren. Und das BilMoG bietet dabei die Chance, endlich wieder eine Einheit zwischen Steuer- und Handelsbilanz herzustellen. Die ist nämlich nicht erst seit Schröders Teuerreform von 1999 verloren gegangen. Links zum Thema: Bilanzierung von Webseiten, Teil 1 von 3: Virtuelle Vermögenswerte | Bilanzierung von Webseiten, Teil 2 von 3: Die Webseite als Aufwendung | Bilanzierung von Webseiten, Teil 3 von 3: Rechnungsabgrenzung in HTML und CSS | Bilanzierung: Was ist eigentlich ein Geschäfts- oder Firmenwert? | BilMoG: Übersicht über geplante Neuregelungen im Handelsrecht | Skript zu IAS/IFRS (interne Links) Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Firmenwert", "IAS", "IFRS", "immaterielle Vermögensgegenstände", "Impairment". [Manuskripte]: "Buchführung Abschlüsse.pdf", "IAS.pdf". |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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