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Dynamische Preisberechnung: wenn der Annuitätenfaktor zuschlägt... | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Kapitalwertrechnung ist immer wieder für eine Überraschung gut. Kenntnis und Beherrschung der grundlegenden Verfahren genügt keinesfalls. Die Prüfungsteilnehmer müssen um alle möglichen und unmöglichen Ecken denken. Hierzu ist es zwingend erforderlich, die fundamentalen Prinzipien verinnerlicht und ausgiebig geübt zu haben, denn zum Erfolg gibt es keinen Lift. Man muß immer die Treppe benutzen. Hier ist wieder ein Beispiel, an dem die Auswendiglerner gnadenlos scheitern: Eine Investition verursacht eine Anfangsauszahlung in Höhe von 135.000 Euro. Während der sechsjährigen Nutzungszeit der Anlage entstehen jedes Jahr 40.000 Euro fixe Auszahlungen, die vereinfachend als nachschüssig und in einem Betrag angenommen werden. Es geht wohlgemerkt nur um Auszahlungen (und nicht etwa um Fixkosten). Schon das sagt uns, daß eine dynamische Rechnung gefragt werden wird, denn die meisten Kosten sind nicht zahlungsgleich. Der Schrott- oder Restwert der Anlage nach Ende der sechsjährigen Nutzungszeit werde mit 15.000 Euro veranschlagt. Die Anlage produziert ein Zwischenfabrikat für einen industriellen Abnehmer, mit dem für die kommenden sechs Jahre ein fester Vertrag besteht. Das schafft Prognosesicherheit. Es wird davon ausgegangen, daß pro Jahr 6.500 Stück dieses Fabrikats abgenommen werden sollen. Für jedes der hergestellten Teile entstehen variable Auszahlungen i.H.v. 15 Euro. Der Mindestrentabilitätszins liege derzeit bei 14% p.a. Wie hoch muß der Verkaufspreis sein, damit die Investition aus dem Veräußerungserlös finanziert wird? Die Sache ist besonders dadurch kniffelig, daß eine Rechnung für sechs einzelne Jahre sehr umständlich wäre. Unter den Bedingungen der Zeitnot in Prüfungen verbietet sich dieser Ansatz von selbst. Es macht aber Sinn, erstmal den Annuitätenfaktor ANF auszurechnen, denn wenn in diesem Beispiel ein fester Vertrag besteht, dann liegt ja auch eine Annuität vor – denn jedes Jahr wird zum gleichen Preis verkauft, und entstehen gleich hohe fixe und variable Auszahlungen. Hier ist aber wohlgemerkt keine Berechnung der Annuität selbst gefragt, sondern nur des Faktors: Von diesem Faktor brauchen wir den Kehrwert (warum, wird weiter unten ersichtlich). Es ist einfacher, diesen vorher auszurechnen: Mit diesem Faktor wäre ein – zunächst noch beliebiger – Betrag eines Jahres zu multiplizieren, um über sechs Jahre bei 14% Mindestrentabilität ein entsprechende Annuität darzustellen. Da die Annuitätenrechnung meist nur im Zusammenhang mit den Annuitätendarlehen unterrichtet wird, ist dies ein besonders schwieriger Transfervorgang, den der Prüfungsteilnehmer hier leisten muß: ein Konzept, das scheinbar der Kredit- und Darlehenrechnung angehört, muß auf die Investitionsrechnung übertragen werden. Wer geglaubt hat, das Rechnungswesen in zwei Tagen Lehrveranstaltung erschlagen zu können, und solche absurden Lehrkonzepte gibt es wirklich, der scheitert spätestens hier. Das aber ist erst die halbe Miete. Es ist gefragt, zu welchem Preis veräußert werden muß, um die Investition wieder hereinzuverdienen. Das bedeutet analog zur Amortisationsrechnung, daß nur die Differenz aus Anschaffungswert i.H.v. 135.000 Euro und Schrottwert i.H.v. 15.000 Euro verdient werden muß. Die restlichen 15.000 Euro Schrottwert lassen sich ja am Schluß der Lebenszeit des Aggregats noch durch Restwertverkauf erzielen. Wir erinnern uns, daß die Kapitalwertrechnung ja nichts als eine dynamische Amortisationsrechnung ist. Um das also zu berechnen, ermitteln wir vorweg schon mal den Barwertfaktor für sechs Jahre und 14% Zins p.a., denn auch das brauchen wir bald: Jetzt kann man einen Ansatz machen: die Anfangsauszahlung plus die sechs per Annuitätenfaktor gerechneten Zahlungsdifferenzen plus den Barwert des Schrottwertes, der ja separat erlöst werden kann, müssen genau null entsprechen, d.h. die Differenz aus dem Anfangswert der Investition und dem Schrottwert muß durch sechs Ein- und Auszahlungsdifferenzen gedeckt werden: Jetzt muß diese Formel nur noch zum Verkaufspreis Pvk hin aufgelöst werden. Das schauen wir uns mal häppchenweise an, denn bei einem vor und während einer Prüfung meist zu hohen Adrenalinspiegel ist es ratsam, jeden Schritt einzeln zu inhalieren. Mit dem ersten Lungenzug wird die innere Klammer ausmultipliziert: Jetzt wird der Barwert des Restwertes i.H.v. 15.000 Euro durch Multiplikation mit dem zuvor schon berechneten Faktor ermittelt: Der Rest ist sicher kein Problem mehr (bzw. sollte auch in einer Prüfung kein Problem darstellen), denn jetzt geht es nur noch um mathematische Grundfertigkeiten. Zunächst wird die letzte verbliebene Klammer ausgerechnet: Und das war's: jetzt können wir durch Umstellen der Formel alle Konstanten auf eine Seite schaffen, und die Sache ausrechnen: Alle Konstanten aus der rechten Seite der vorstehenden Gleichung werden saldiert. Das macht die Sache schon sehr übersichtlich: Und jetzt ist die abschließende Lösung erreicht: Wird das fragliche Teil also zu 26,22444607 Euro pro Stück an den Abnehmer verkauft, dann reicht dies, daß die Investition aus den Verkaufserlösen wieder hereinverdient wird. Das wollen wir jetzt aber noch unter Beweis stellen, denn bekanntlich soll man nichts glauben, was man nicht nachgeprüft hat. Wir stellen also einen Zahlungsplan für diese Anlage auf. Im Jahr null ist dabei lediglich die Anfangsauszahlung i.H.v. 135.000 Euro zu berücksichtigen. Für die sechs Folgejahre haben wir es jeweilt mit 6.500 x 26,22444607 = 170.458,90 Euro Einzahlungen zu tun, von denen die 40.000 Euro fixe Auszahlungen und 6.500 x 15 = 97.500 Euro variable Auszahlungen abzuziehen sind. Das führt zum folgenden Zahlungsplan:
Zinst man alle künftigen Zahlungssalden zur Minndestrentabilität i.H.v. 14% ab, so erhält man eine Summe von genau –6.833,80 Euro. Dies aber entspricht genau dem Barwert des Restwertes i.H.v. 15.000 Euro über sechs Jahre und 14%, d.h. der Restwert darf nicht mit aus den Verkaufserlösen finanziert werden: er kann ja ohnehin noch durch Veräußerung der Altanlage zurückgeholt werden. Wer diese und viele weitere teils noch komplexere Aufgabengestaltungen nachrechnen will, benutzt bitte meinen Kapitalwertrechner für Excel® (Versionen 97 bis 2007), gerade kürzlich erweitert. Die Makros müssen beim Start der Datei aktiviert werden, sonst funktioniert der Rechner nicht. Registrierte Nutzer der BWL CD haben auch Zugang zum Quellcode, so daß sie die Programmierung einsehen und anpassen können. Es ist wohlbekannt, daß Aufgaben dieses Kalibers manchem Prüfungsteilnehmer den ganzen Tag versaut haben, denn das hier waren – ganze 12 Punkte von hundert! Es zeigt uns erneut, daß eine intensive Vorbereitung auf solche Prüfungen unerläßlich ist. Auswendiglerner scheitern hierbei ebenso wie die, die glauben, den ganzen Aufwand mit dem Lernen und Üben in einem Kurzseminar umgehen zu können. Links zum Thema: Kapitalwertrechnung: Wo der Untergang droht | Amortisationsrechnung: wenn die Kröten springen... | Formelsammlung der BWL | Umfangreicher Kapitalwertrechner für Excel® (interne Links) Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Barwert", "Discounted Cash Flow (DCF)", "interne Zinsfußmethode", "interner Zinsfuß", "Kapitalwert", "Zielwertsuche". [Manuskripte]: "Formelsammlung der BWL.pdf", "Interner Zinsfuß (Demo).pdf", "Investition Skript.pdf". [Excel]: "Interner Zinsfuß (Grafik).xls", "Interner Zinsfuß (Näherung).xls", "Interner Zinsfuß.xls". |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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