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Kapitalwertrechnung: Wo der Untergang droht | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Schon immer müssen Prüfungsteilnehmer sich mit der Kapitalwertrechnung herumschlagen. Das auch als Barwertmethode oder Discounted Cash Flow Method bekannte Verfahren ist aus kaum einer Prüfung wegzudenken. Das wissen auch die Aufgabenpoeten der Industrie- und Handelskammern. Und wie wir es von ihnen gewohnt sind, haben sie aus anscheinend eher problemloser Finanzmathematik wieder eine knallharte Prüfungsknallschote gezaubert. Plaudern wir also wieder mal ein paar Geheimnisse aus: Dabei ist nicht neu, daß die Barwertmethode zu den Lieblingsthemen der Kammerlyriker gehört. Nicht ohne guten Grund berichteten wir an dieser Stelle schon vor einiegr Zeit über eine echte Prüfungs-Knallschote. Diesmal gehen die Anforderungen aber wirklich durch die Decke. Wer das hier nicht vorher kennt, hat kaum eine Chance in der Prüfung. Betrachten wir jalso ein kleines Geheimnis, das ich ohnehin nicht für mich behalten könnte... Eher unauffällig beginnt der Untergang jedes schlechtvorbereiteten Prüfungsteilnehmers mit Daten, die zunächst nichts Böses ahnen lassen, und jeder einigermaßen anstände Dozent hat solche Aufgaben bis zum Erbrechen mit seinen Schäfchen geübt: Eine Unternehmung plane ein neues Investitionsprojekt, und dafür seien die folgenden Daten bekannt:
Es soll überprüft werden, ob die Investition sich lohnt. Scheint unproblematisch zu sein, obwohl die Datenlage doch nicht so ganz auf die Standardbeispiele paßt, denn zusätzlich sind die Auslastungsdaten gegeben: Die Anlage arbeitet nicht immer in Vollast, sondern in den sieben Rechnungsperioden mit 50%, 75%, 90%, 95%, 95%, 90% und 70% Auslastung. Wer gelegentlich im Unterricht lustweilte, sollte jetzt in der Lage sein, die folgende Tabelle aufzustellen, wobei schon hier Grunderkenntnisse der Kostenrechnung analog angewandt werden müssen, neben dem Wissen und dem Können also schon hier das Erkennen vorausgesetzt wird:
Zunächst sollte klar sein, wie man an die stückmäßige Leistung kommt: durch Multiplikation der Prozentdaten mit der Maximalkapazität. Die Einzahlungen ergeben sich aus dem Stückpreis i.H.v. 180 Euro mal der Leistung. Da keine Annahmen über Zahlungsziele gegeben sind, ist das trivial. Die Auszahlungen ergeben sich aus den Fixauszahlungen i.H.v. 850.000 Euro pro Periode plus der Leistung mal den variablen Auszahlungen i.H.v. 140 Euro pro Stück. In Periode null sind die Auszahlungen natürlich nur der Neuwert der Anlage von 5.000.000 Euro. Aus beidem wird der Saldo gebildet und in gewohnter Weise abgezinst. Die Summe von 117.536,99 Euro besagt, daß sich die Investition schon bei einem Mindestrentabilitätszins von nur 10% lohnt. Das aber war erst das Vorspiel. Jetzt fällt der Hammer, der für viele eher ein Fallbeil sein dürfte: Durch den Emissionshandel plant das Unternehmen nämlich die Verlagerung nach China, denn der Verkauf der Emissionsrechte bringt mehr als das Vermarkten der Produkte. Die Geschäftsleitung bietet an, nur unter der Voraussetzung in Deutschland zu bleiben, daß eine Mindestrentabilität von 16% zu realisieren sei. Dies geht offensichtlich nicht unter den gegebenen Daten. Man kann aber den Preis anheben. Wie hoch muß der Verkaufspreis sein, wenn eine Mindestrentabilität von 16% erzielt werden soll und alle anderen Daten konstant bleiben? Umpfhh Argh...! Wir haben uns mit allen möglichen Zinsmodellen herumgeschlagen, sogar die interne Verzinsung berechnet, aber wie zum Teufel berechnet man einen erfordferlichen Preis, wenn die gewünschte Verzinsung schon gegeben ist?? Die Sache ist dem Grunde nach eine Erweiterung der schon dargestellten Prüfungs-Knallschote. Mußte man dort aber die Kapitalwertformel nach C auflösen, muß sie hier in acht einzelne Komponenten für den gründungstermin und die sieben Nutzungsperioden aufgelöst und nach P hin umgestellt werden. Das erfordert drei Arbeitsschritte:
Die Sache lehrt, was wir an dieser Stelle immer wieder gepredigt haben: es gibt keinen Lift zum Erfolg. Man muß immer die Treppe benutzen. Und die ist steil und schwer zu erklimmen, denn der Erfindungsreichtum der Prüfungslyriker ist anscheinend grenzenlos. Wir haben natürlich die Zahlen und die drumherum aufgebaute Erzählung verändert, um urheberrechtlichen Ärger zu vermeiden. Dennoch lehrt dieser Aufgabentyp noch etwas Anderes, was die Kämmerlinge möglicherweise nicht bedacht haben. Es wurde auch nicht gefragt, sollte dem Prüfungsteilnehmer aber gleichwohl bekannt sein, denn nicht für die Schule sondern für das Leben lernen wir ja bekanntlich: Warum eigentlich steigen die Mindestrentabilitätszinsen? Die klassische Antwort wäre, daß das an der steigenden Guthabenverzinsung infolge höherer EZB-Zinsen und an der höheren Insolvenzquote liege. Hier aber liegt es am Emissionshandel, denn anstatt zu produzieren, kann das Unternehmen auch stillegen und nur noch seine Emissionsrechte verkaufen. Nicht wenige machen genau das - wenn sie nicht eine höhere Produzentenrente erzielen. Und das geht über höhere Preise. Aber nein, wir haben keine Inflation, wo kämen wir den hin, wenn wir sowas behaupten... Wer diese Aufgabengestaltung online nachrechnen will, der lädt sich übrigens den neuen Investitionsrechner herunter. Das ist kostenlos, aber nicht umsonst. Microsoft® Excel® ab Version 97 wird benötigt. Links zum Thema: Interner Zinsfuß: eine hammerharte Prüfungs-Knallschote | Wissen, Können und Erkennen, oder von der Treppe, die zum Prüfungserfolg führt | Über die Nachhaltigkeit in der Arbeitslosigkeit | Investitionsrechner für Excel (interne Links) Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Barwert", "Discounted Cash Flow (DCF)", "interne Zinsfußmethode", "Interner Zinsfuß", "Kapitalwertmethode". [Manuskripte]: "Formelsammlung der BWL.pdf", "Investition Skript.pdf". [Excel]: "Interner Zinsfuß (Grafik).xls", "Interner Zinsfuß (Näherung).xls", "Interner Zinsfuß.xls". Literatur: Zingel, Harry, "BWL-Formelsammlung", Wiley-VCH, Weinheim 2006, ISBN 3-527-50216-5, Amazon.de | BOL | Buch.de. Auf der BWL-CD ohne Mehrkosten enthalten. |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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