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Fehler in IHK-Prüfungen: wieder eine neue Knallschote | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Schon vor einiger Zeit haben wir uns an dieser Stelle darüber Echauffiert, daß Teilnehmer einer IHK-Prüfung allen Ernstes antworten sollten, eine Eigenkapitalquote von 50% sei als Idealfall und von einem Drittel als Minimalanforderung zu sehen. Die ganze deutsche Banken- und Versicherungslandschaft würde bei solchen starren Anforderungen mit Pauken und Trompeten durch die IHK-Prüfung knallen. Diesen Fehler hat die Kammer jetzt wiederholt - und sogar noch etwas ausgeweitet. So wird die sogenannte »2:1-Regel« hinsichtlich der Eigenkapitalquote auch in der Prüfung zum Technischen Betriebswirt im Fach "Finanzierung/Investition" vom 06.10.2006 als Prüfungsanforderung gestellt, diesmal allerdings leicht relativiert unter Berufung auf nicht näher genannte aber "oft gehörte" Literaturquellen. Dafür setzt die Kammer aber noch einen drauf: eine erste Liquidität i.H.v. 20% soll der Prüfungsteilnehmer als zu niedrig durchfallen lassen, will er nicht selbst durchfallen. Autsch! Schauen wir uns mal an, warum das Unsinn ist: So ist die erste Liquidität das Verhältnis aus liquiden Barmitteln und kurzfristigen Verbindlichkeiten. Liquide Barmittel sind als Bar- oder Buchgeld mobilisierbare Zahlungsmittel und kurzfristige Verbindlichkeiten sind insbesondere Lieferanten-, Steuer- und SV-Verbindlichkeiten:
Im vorstehenden Zahlenbeispiel stehen 8.000 Euro Zahlungsmittel insgesamt 50.000 Euro kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber. Die Quote, und damit die erste Liquidität, beträgt also 16% - für die Kämmerlinge zu wenig. Die Wirklichkeit ist freilich viel komplexer als solch starre Quoten es zulassen würden: So sind 45.000 Euro der kurzfristigen Verbindlichkeiten Lieferschulden, und die Lieferanten können auch mal vier oder sechs Wochen warten. Für sie aktuell am Bilanzstichtag nicht genug Geld zu haben ist also so lange kein Problem, wie die Forderungen ausreichen, nach Eingang der Kundenzahlungen auch die Lieferanten zu befriedigen - was im vorliegenden Fall der Fall ist. Eine 1. Liquidität i.H.v. 16% ist damit nicht zu wenig. Schmerzhaft wird es nämlich erst beim Finanzamt und bei den Zwangssozialkassen, wie immer. Besonders Letztere betreiben sogar ganze Abteilungen, die nichts anderes zu tun haben als Insolvenzen gegen Unternehmen abzumelden, die etwas zu spät die Beiträge abführen. Um das zu vermeiden, braucht das Unternehmen also 5.000 Euro, die Höhe der SV- und Steuerverbindlichkeiten - die es aber besitzt. Es besteht also keine unmittelbare Gefahr, trotz "nur" 16% Liquidität ist das Unternehmen wirtschaftlich gesund. Die wirkliche Schmerzgrenze ist also ganz anders definiert: Der Teilnehmer sollte also in einer sachgerechten Unterrichtsveranstaltugn erkannt haben, daß es bei der 1. Liquidität so wenig starre Grenzen gibt wie bei der Eigenkapitalquote. Unternehmen lassen sich nicht nach Schablonen beurteilen, sondern man muß die jeweils individuellen Gegebenheiten berücksichtigen. Das freilich fällt schwer, nicht nur in Prüfungen. Mit der Anforderung, eine in der Realität nicht nutzbare starre Quote von 20% als Mindestanforderung zu lernen, nützt die Kammer ihren Teilnehmern aber auch nicht: nicht für das Leben, sondern für die Katz lernen wir, jedenfalls im Vorfeld mancher Prüfung... Links zum Thema: Fehler in IHK-Prüfungen: Die »2:1-Regel« | Fehler in IHK-Prüfungen: Das Ding mit der kalkulatorischen Abschreibung | Unausrottbare Fehler: zum Beispiel die kalkulatorischen Zinsen (interne Links) Literatur: Zingel, Harry, "Bilanzanalyse nach HGB", Weinheim 2006, ISBN-13: 978-3-527-50251-6, Amazon.de | BOL | Buch.de. Auf der BWL-CD ohne Mehrkosten enthalten. Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Liquiditätsgrade", "Liquiditätsplanung", "Zahlungsmittel". [Manuskripte]: "Formelsammlung der BWL.pdf", "Jahresabschlußanalyse.pdf". [Excel]: "Jahresabschlußanalyse.xls". |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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