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Beliebte Fehler in der Investitionsrechnung: »Finanzierung aus Eigenkapital« | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Immer wieder taucht die Frage auf, ob "Eigenmittel" oder "Eigenfinanzierungen" in der Investitionsrechnung berücksichtigt werden müßten. Beliebt ist insbesondere der Fehler, Eigenmittel mit dem Wert des Investitionsobjektes zu verrechnen. Die, die diesen Fehler machen, wundern sich dann über seltsame Ergebnisse bei der Kapitalwertrechnung. Dabei können der Fehler, und die richtige Rechenmethode, durch eine einfache Beispielrechnung verdeutlicht werden. Bei den dynamischen Methoden der Investitionsrechnung wird mit Hilfe eines Kalkulationszinssatzes (d.h. in der Regel mit der Mindestrentabilität) der Barwert einer Investition bestimmt. Ist dieser positiv, so ist die Investition vorteilhaft. Ein Beispiel verdeutlich zunächst die weithin bekannte Methode. Ein Investor erwirbt eine Anlage zum Kaufpreis i.H.v. 60.000 Euro. Diese Anlage hat eine Nutzungsdauer von drei Jahren und erwirtschaftet jedes Jahr einen Zahlungsüberschuß von 25.000 Euro. Dies hat natürlich nichts mit Kosten oder Aufwendungen zu tun, sondern ausschließlich etwas mit Zahlungen. Der Mindestrentabilitätszins Rmin des Investors liege bei 10% p.a. Der Investor rechnet also:
Die Summe der einzelnen Barwerte der jeweiligen Zahlungssalden der Jahre t = 0 ... 3 in Höhe von 2.171,30 Euro ist der Kapitalwert der Investition. Ein positiver Kapitalwert, wie im Beispiel, deutet auf eine vorteilhafte Investition. So weit, so gut. Hier tritt nun die Frage auf, welchen Einfluß die Finanzierung auf diese Investition habe. Nehmen wir an, daß der Investor die 60.000 aus Eigenmitteln oder alternativ aus Fremdmitteln beziehe. Wie muß die Investitionsrechnung sich dadurch ändern? Die einfache Antwort: gar nicht – außer in seltenen Ausnahmen. Leider wird das oft nicht eingesehen. Ein weiteres Beispiel zeigt aber, warum das so ist: Der Investor ist ein Unternehmensgründer. Er hat gerade zuvor seinen Laden erst eröffnet. Das geschah folgendermaßen: Zunächst hat er 100.000 Euro selbst eingelegt. Dieser Betrag bildet das Eigenkapital (Mittelherkunft), und zugleich den Kassenbestand (Mittelverwendung) am Gründungstermin. Die Gründungsbilanz sah also folgendermaßen aus:
Das bare Geld alleine genügt aber noch nicht. Der Gründer besorgt sich ein Darlehen von der Bank. Für das Beispiel gehen wir mal davon aus, daß er das auch kriegt (was in der gegenwärtigen Krise ja keine Selbstverständlichkeit ist). Das Darlehen wird als Fremdkapital ausgewiesen (Mittelherkunft = Verbindlichkeit), aber in bar von der Bank an den Kreditnehmer ausgezahlt (Mittelverwendung = zusätzlicher Kassenbestand. Das hat die folgende bilanzielle Auswirkung:
Die Darlehensgewährung ist aus Sicht des Darlehensschuldners eine Bilanzverlängerung (oder "Aktiv-Passiv-Mehrung"), weil die Aktiv- und die Passivseite gleichermaßen ansteigen. Jetzt macht der Gründer die eingangs dargestellte Rechnung, und stellt fest, daß die Investition vorteilhaft ist (denn der Kapitalwert ist ja positiv). Also wird die Anlage im Wert von 60.000 Euro als erstes beschafft. Das hat die folgende bilanzielle Konsequenz:
Der Kauf der Anlage ändert nicht die Bilanzsumme. Es findet lediglich eine Verlagerung von einem Aktivposten (Kasse) auf einen anderen (Anlagevermögen) statt. Man spricht von einem Aktivtausch. Der Vorgang spielt sich ausschließlich im Bereich des Vermögensausweises aus. Er berührt die Passivseite nicht. Dem Geld, das in der Kasse lag, sieht man dabei nicht mehr an, ob es ursprünglich zu den Eigenmitteln bei Gründung oder zu den von der Bank ausgezahlten Fremdmitteln gehört hat. Geld ist anonym. Die Investition in die Anlage kann also weder den Fremd- noch den Eigenmitteln zugeordnet werden. Das ist nicht nur im Beispiel so, sondern immer der Fall. Selbst wenn das Darlehen erst ausgereicht wird, um die Anlage kaufen zu können, ist doch der eigentliche Kaufvorgang eine reine Investition, der die Zuordnung zu den Passiva fehlt. Man finanziert also nicht "aus Eigenmitteln" oder "aus Fremdmitteln", sondern man investiert. Mehr nicht. Finanzierungskonzepte sollten also bei der dynamischen Investitionsrechnung keine Rolle spielen. Darlehen oder andere Finanzierungsvorgänge dürfen nicht mit der Anfangsauszahlung saldiert oder anders verrechnet werden. Hier wird oft gefragt, ob denn nun Zinsen in die Rechnung einzubeziehen seien. Hierzu gibt es eine aus der vorstehenden Gesetzmäßigkeit abzuleitende Regel:
Ein Sonderfall dieses Problems ist übrigens die Behandlung der Subventionen der öffentlichen Hand i.S.d. R 6.5 EStR. Hier hat der Steuerpflichtige das Wahlrecht, die erhaltene Subvention als Betriebseinnahme zu behandeln und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des bezuschußten Anlagegutes voll auszuweisen, oder den Zuschuß erfolgsneutral zu behandeln und von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des bezuschußten Anlagegutes abzusetzen. Das ist aber "nur" ein steuerrechtliches Konzept; für Zwecke der Investitionsrechnung soll ja herausgefunden werden, ob eine Anlage sich "lohnt". Das tut sie, wenn der Kapitalwert positiv ist. Also muß im Bereich der Investitionsrechnung, ungeachtet der steuerlichen Behandlung, stets jede mit der Anlage verbundene Ein- oder Auszahlung bewertet und erst in der Investitionsrechnung (und nicht schon zuvor) zu Et – At saldiert werden. Daher muß der erhaltene Zuschuß der öffentlichen Hand als Einzahlung zum jeweiligen Zeitpunkt – u.U. also auch oder oder nach dem Zeitpunkt der Anschaffung des bezuschußten Anlagegutes – ausgewiesen werden, und darf nicht mit der Anschaffungsauszahlung verrechnet werden. Bei subventionierten Anlagen kann es allerdings interessant sein, die eingangs dargestellte Investitionsrechnung zwei Mal durchzuführen, d.h. ein Mal ohne und ein zweites Mal mit Subvention. Das empfehle ich insbesondere meinen Teilnehmern bei Studien-, Projekt- und Diplomarbeiten. Die Differenz des Kapitalwertes zwischen den beiden Rechnungen reflektiert dann die Subvention. Hierbei kann beispielsweise herauskommen, daß eine Solaranlage einen hoch negativen Kapitalwert hat, wenn sie zu Marktkonditionen betrieben wird, und einen positiven Kapitalwert, wenn man die Subventionierung in die Rechnung einbezieht. Eine Subventionierung kann neben einer direkten Zuwendung der öffentlichen Hand aber auch in über dem Marktpreis liegenden Zwangsaufkaufpreisen liegen, wie es beispielsweise bei Energie aus "erneuerbaren" Quellen der Fall ist. Große Unterschiede zwischen subventionierten und nicht subventionierten Kapitalwerten deuten meist darauf, daß der Anlagebetreiber sich auf Kosten der Gesellschaft bereichert – und damit auf möglicherweise planwirtschaftlich vorteilhafte, moralisch aber zweifelhafte Investitionen. Links zum Thema: Grundbegriffe: statische und dynamische Methoden | Der Erbsenzähler am Werk: spitzfindige Definitionen im Zahlungsbereich | Interner Zinsfuß: eine Methode, die man nicht benutzen sollte (aber dennoch können muß) | Übersicht: Die wichtigsten Verfahren der Investitionsrechnung | Interner Zinsfuß: eine hammerharte Prüfungs-Knallschote | Kapitalwertrechner | Leasingrechner (interne Links) Finanzplan erstellen im Gründerlexikon erklärt (externer Link) Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Barwert", "Discounted Cash Flow (DCF)", "interne Zinsfußmethode", "interner Zinsfuß", "Kapitalwert", "Zielwertsuche". [Manuskripte]: "Formelsammlung der BWL.pdf", "Interner Zinsfuß (Demo).pdf", "Investition Skript.pdf". [Excel]: "Interner Zinsfuß (Grafik).xls", "Interner Zinsfuß (Näherung).xls", "Interner Zinsfuß.xls". |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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