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»Bildungsrepublik Deutschland«: warum eine Prüfungskorrektur Monate in Anspruch nimmt | ||||
Nachdem die Prüfungen "Geprüfter Technischer Betriebswirt" abgeschlossen sind, fragen sich viele Teilnehmer, wann sie denn endlich die Ergebnisse bekommen. Einzige allgemeine Antwort: noch lange nicht. Die Kammern sind bei der Bearbeitung solcher Prüfungen nämlich außerordentlich langsam: bisweilen dauert es Monate. Das aber hat Gründe, die tief blicken lassen.
So haben die Industrie- und Handelskammern fast niemals festangestellte Mitarbeiter im Fortbildungsbereich, sondern arbeiten mit freiberuflichen Dozenten und ehrenamtlichen Prüfern zusammen. Meist haben diese aber ganz andere Jobs, denen sie Vorrang geben (müssen). Es wird also nur an Wochenenden und Feiertagen korrigiert, bei der Herbstprüfung bisweilen überhaupt erst zu Weihnachten. Kein Wunder, daß das ewig dauert. Hinzu kommt, daß Lehre wie Prüfung immer schlechter bezahlt werden. Sicher ist das Prüfen ein Ehrenamt, aber für vier Euro pro Stunde kann man halt auch von einem Ehrenamtlichen nicht sehr viel Enthusiasmus erwarten. Doch auch die Dozentenhonorare verfallen seit Jahren: auch wenn die von den Kammern gebotenen Entgelte noch nicht bei acht oder neun Euro pro Unterrichtseinheit angekommen sind, wie etwa die Honorare im öffentlich geförderten Bereich, so wird es eben doch auch hier immer enger. Im Ergebnis führt das dazu, daß viele Dozenten von ihrer Lehrtätigkeit nicht mehr leben können und sich bessere Jobs suchen. Sie verlieren dabei aber auch langsam ihre Fachkenntnisse und pädagogischen Fähigkeiten. Wer immer weniger zahlt darf sich halt nicht wundern, auch immer weniger zu kriegen, so einfach ist das. Dies alles führt dazu, daß viele Kammern keine Prüfungsausschüsse mehr zustandekriegen. Eine Zusammensetzung der Ausschüsse nach §40 BBiG ist daher oft erst recht nicht gegeben. Viele prüfende Organisationen müssen schon auf Notlösungen wie kammerübergreifende Ausschüsse zurückgreifen, um überhaupt noch Prüfungen abnehmen zu können. Während dies eher ein Symptom für die generelle Geringschätzung der Bildung in diesem Lande ist, spielen hier auch organisatorische Probleme eine Rolle. So hängt die Frage, ob jemand eine einzelne Prüfung wiederholen kann oder ganz von vorne anfangen muß, meist von der Anzahl der insgesamt vergeigten Prüfungen ab. Der Ausschuß muß also auf alle Teilergebnisse warten, um überhaupt aussagefähig zu sein. Das bedeutet aber auch, daß ein einziger trödelnder Prüfer das ganze Verfahren aufhält. Dies gilt zu Weihnachten mehr als im Sommer, denn es hat schon Prüfer gegeben, die über die Festtage in den Urlaub entfleuchen, vorher aber die korrigierten Exemplare nicht zurückgeben. Ja, das ist zeitraubend. Insgesamt wäre auch hier eine Professionalisierung der Prüfungsverfahren dringend zu empfehlen. Das kann wohlgemerkt durchaus im Rahmen von Kooperationen mit Freiberuflern geschehen, muß aber zu fairen und zeitgemäßen Bedingungen stattfinden. Wenn die Prüfungsteilnehmer mehrere hundert Euro für das Prüfungsverfahren zahlen, dann muß der Prüfungsveranstalter auch den Prüfern zeitgemäße Honorare geben, denn er hat ja die Mittel dafür. Die gegenwärtige Situation ist höchst unbefriedigend und kann keine Dauerlösung mehr sein. Sie ist aber symptomatisch für die noch immer fortdauernde Geringschätzung von Bildung und Lernen. Sie zeigt, daß das Politikergeschwafel von der sogenannten "Bildungsrepublik Deutschland" so lange nur Geschwätz ist, wie man die Bildungsdienstleister nicht angemessen honoriert. Links zum Thema: Prüfungsausschüsse: kostenlos oder umsonst? | Der Rotstift fleißig in Aktion: wie werden IHK-Prüfungen eigentlich korrigiert? (interne Links) |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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