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Die Fallen der Mathematik: Rechnet die interne Zinsfußmethode manchmal falsch?

Wir haben immer wieder Demonstriert, daß die Mathematik für so manche Überraschung gut ist (Beispiel 1, Beispiel 2). Das gilt auch für scheinbar selbstverständliche Verfahren wie die Annuitätentilgung, wo noch immer Überraschungen lauern. Auch die interne Zinsfußmethode, mit der der Effektivzins von Zahlungsreihen berechnet werden kann, hat eine unerwartete Anomalie. Die kann Prüfungsteilnehmern, Aufgabenautoren oder betrieblichen Anwendern eine Menge Kopfzerbrechen bereiten – wenn man nicht ahnt, worauf man sich einläßt.

Im Forum für Betriebswirtschaft machte ein Teilnehmer darauf aufmerksam, daß die Effektivzinsrechnung anscheinend falsche Ergebnisse produziere (Originalposting). In dem ursprünglichen Beispiel (links) wird zunächst eine Saldenreihe auf eine Summe von null abgezinst. Auffällig ist, daß trotz der Summe der eigentlichen Zahlungen i.H.v. +50.000 Euro der interne Zinsfuß (Effektivzins) –1,2909% beträgt. Dies sagt gemäß der grundlegenden Konzepte zunächst nur, daß das Projekt sich insgesamt nicht lohnt. Dann aber kommen einige seltsame Ergebnisse ans Tageslicht:

Ausgangslage:
Projekt mit negativem Effektivzins

tZahlung–1,2909%
0–130.000,00 €–130.000,00 €
1+280.000,00 €+283.661,86 €
2+230.000,00 €+236.055,26 €
3+220.000,00 €+228.744,91 €
4+220.000,00 €+231.736,46 €
5–100.000,00 €–106.712,33 €
6–100.000,00 €–108.107,92 €
7–100.000,00 €–109.521,77 €
8–270.000,00 €–299.576,08 €
9–100.000,00 €–112.405,17 €
10–100.000,00 €–113.875,22 €
+50.000,00 €±0,00 €
Erste Anomalie:
Höhere Returns senken den Effektivzins!

tZahlung–5,5410%
0–130.000,00 €–130.000,00 €
1+330.000,00 €+349.358,08 €
2+280.000,00 €+313.813,58 €
3+270.000,00 €+320.357,07 €
4+270.000,00 €+339.149,48 €
5–100.000,00 €–132.979,36 €
6–100.000,00 €–140.780,04 €
7–100.000,00 €–149.038,32 €
8–270.000,00 €–426.008,78 €
9–100.000,00 €–167.036,60 €
10–100.000,00 €–176.835,10 €
+250.000,00 €±0,00 €
Zweite Anomalie:
Ebenso bei niedrigeren Negativwerten!

tZahlung–6,6628%
0–130.000,00 €–130.000,00 €
1+280.000,00 €+299.987,47 €
2+230.000,00 €+264.008,56 €
3+220.000,00 €+270.556,48 €
4+220.000,00 €+289.869,84 €
5–50.000,00 €–70.582,24 €
6–50.000,00 €–75.620,67 €
7–50.000,00 €–81.018,76 €
8–220.000,00 €–381.929,64 €
9–100.000,00 €–185.996,93 €
10–100.000,00 €–199.274,10 €
+250.000,00 €±0,00 €

Zunächst hat der Fragesteller einige der positiven Zahlungssalden erhöht (mitte). Das führt dazu, daß die Summe der Salden von +50.000 Euro auf +250.000 Euro steigt, sich also verfünffacht. Glaubt man den Lehrbüchern und Dozenten, müßte auch der interne Zins steigen, möglicherweise in den positiven Bereich, denn kriegt man mehr aus einer Investition heraus, dann verbessert sich der Effektivzins – sollte man meinen. Überraschenderweise wird aber eine neue interne Verzinsung von –5,541% berechnet. Huch??

Dann hat der Fragesteller ausprobiert, die negativen Zahlungssalden zu senken (rechts). Das sollte theoretisch dieselbe Wirkung haben, denn verliert man weniger, müßte auch das die Effektivverzinsung verbessern. Auch hier erleben wir aber eine Überraschung: obwohl weniger negative Salden bestehen, steigt der Effektivzins nicht von –1,2909% auf einen höheren, möglicherweise positiven Wert an, sondern fällt noch deutlicher auf –6,6628%. Wie kann das sein?

Die Sache ist kein Rechenfehler (der Leser mag selbst nachrechnen), sondern ein Verständnisproblem. Das fällt erst auf, wenn die jeweils rechten Spalten mit den abgezinsten Werten der drei Saldenreihen verglichen werden: aus den –100.000 Euro im 5. bis 7. Jahr beispielsweise werden durch Abzinsung auch entsprechend höhere (negative) Summen zwischen 70 und 80 Tausend Euro. Das fällt "stärker ins Gewicht". Der reduzierte negative Wert spielt daher in der Batwertbetrachtung eine größere Rolle – und der Effektivzins sinkt, obwohl weniger Geld im Laufe des Projektes verloren geht. Gleiches gilt für die erhöhten positiven Returns am Anfang: sie liegen weniger Weit in der Zukunft, so daß sie sich durch den negativen Zins weniger aufzinsen – und weniger ins Gewicht fallen.

Sowas gibt nicht nur eine hervorragende Prüfungsknallschote ab, sondern versaut auch einem betrieblichen Anwender den ganzen Tag – wenn diese Methode nämlich bei der Programmierung betrieblicher Lösungen in der Realität angewandt werden soll. Aber ein kleiner Trost bleibt: mit solchen Problemen muß man nur rechnen, wenn es viele negative Zahlungssalden gibt. Erwirtschaftet ein Investitionsprojekt immer positive Cash Flows, dann kommt es nie zu dieser Anomalie, und wer macht bei dem boomenden Aufschwung unserer Tage denn noch negative Zahlungssalden? Richtig, also wieder mal nur Theorie... :-)

Links zum Thema: Zinseszinsrechnung: warum die Händler aus dem Tempel vertrieben wurden | Mathematische Grundlagen: wenn in Hamburg ein Schmetterling flattert... | Noch ein Geheimnis des Annuitätendarlehens: Die Zinsanomalie, oder wenn weniger mehr ist | Forum für Betriebswirtschaft | Originalposting »Interner Zinsfuß falsch, wenn zuviele negative Auszahlungen?« | Interner Zinsfußrechner für Excel (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Barwert", "Discounted Cash Flow (DCF)", "Effektivverzinsung", "interne Zinsfußmethode", "Interner Zinsnfuß", "Zinseszinsformeln". [Manuskripte]: "IAS.pdf", "Finanzierung Skript.pdf", "Investition Skript.pdf". [Excel]: "Interner Zinsfuß (Grafik).xls", "Interner Zinsfuß (Näherung).xls", "Interner Zinsfuß.xls".
Diese Hinweise beziehen sich auf die zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels aktuelle Version der BWL CD. Nicht alle Inhalte und nicht alle Stichworte sind in älteren Fassungen enthalten. Den tagesaktuellen Stand ersehen Sie aus dem Inhaltsverzeichnis oder dem thematischen Verzeichnis.


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