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Noch ein Geheimnis des Annuitätendarlehens: Die Zinsanomalie, | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Schon vor zwei Jahren wiesen wir an dieser Stelle darauf hin, daß ein Annuitätendarlehen immer teurer als ein Abzahlungsdarlehen ist. Die Erkenntnis hat einigen Lesern nicht gefallen, vorzugsweise denen aus dem Finanzgewerbe – denn gerade im Endkundenbereich gibt es nur und ausschließlich Annutätendarlehen, wohl aus gutem Grund. Jetzt kommt noch eine Erkenntnis: Die Zinsanomalie, oder wie man für weniger Effektivzins mehr Geld vom Kunden kassiert. Ja, das Marketing der Banken ist für so manche Überraschung gut: Schauen wir uns das an einem Beispiel an, denn abstrakt gesagt ist die Sache unglaubwürdig. Man muß es nachrechnen und überdenken, und bitte erst danach eMails oder Faxe schreiben. Also: ein Bankkunde nehme ein Darlehen i.H.v. 15.000 Euro mit einer Laufzeit von 5 Jahren zu einem Nominalzins von 8% p.a. auf. Damit die Rechnung überschaubar bleibt, gehen wir von jährlichen Zahlungen aus. Das ist zwar nicht üblich, aber einfacher zu rechnen. Die hier zu demonstrierende Gesetzmäßigkeit funktioniert ebenso gut mit mehreren Zinsterminen, z.B. monatlicher Zahlung, nur ist die Tilgungstabelle dann elend lang und unübersichtlich (und ich werde nie damit fertig, das hier zu verfassen und zu publizieren). Zunächst berechnen wir die Annuität. Da wir nur einen Zahlungstermin pro Jahr haben, ist m = 1, oder n = 5. Die Annuitätenformel ist daher: Auf dieser Grundlage erhalten wir die folgenden beiden Tilgungstabellen für die zu vergleichenden Alternativen:
Wir ignorieren den kleinen Rundungsfehler in der Summe der Annuitäten und erkennen hier zunächst, daß auch in diesem Beispiel die Tilgungssumme in beiden Fällen genau 15.000 Euro beträgt, aber die Zinssumme im Falle des Annuitätendarlehens 3.784,23 Euro beträgt aber beim Abzahlungsdarlehen nur 3.600,00 Euro. Das Abzahlungsdarlehen ist auch hier also wiederum günstiger als das Annuitätendarlehen. Die Sache hat aber noch einen Haken, und der ist noch viel besser: Bei vielen Darlehen ist ein Disagio üblich, also ein Ausgabe-Abschlag. Hierbei zahlt die Bank etwas weniger als die eigentliche Kreditsumme auch tatsächlich an den Kreditnehmer aus. Die nicht ausgezahlte Differenz im Bereich einiger weniger Prozent der Kreditsumme ist eine zusätzliche Verzinsung. Der Effektivzinssatz liegt dann über dem Nominalzins. Untersuchen wir das mal etwas näher. Unser Beispieldarlehen werde nur zu 96% ausgezahlt. 4% sind das Disagio. Der Kreditnehmer schuldet also 15.000 Euro Darlehenssumme, erhält aber nur 14.400 Euro ausgezahlt. Das ist üblich. Auf die Tilgungstabelle hat das zunächst in beiden vorstehenden Fällen keinen Einfluß, weil Zins und Tilgung sich ja nach der Schuld, nicht nach der Auszahlung bemessen. Die Differenz zwischen Auszahlung und Kreditsumme kommt aber zu den Zinsaufwendungen des Kreditnehmers hinzu. Interessant ist also, wie hoch jetzt der Effektivzins ist, denn den muß die Bank ja im Kreditangebot nennen. Bekanntlich kann man diesen Wert nur im Wege der Zielwertsuche ermitteln. Dies tun wir jetzt mal für die beiden oben betrachteten Fälle.
Zinst man die Werte mit genau gerade 9,642193% ab, so erhält man die Effektivverzinsung des Abzahlungsdarlehens. Der Richtigkeitsbeweis ist hier die Summe i.H.v. 0,000 Euro am Schluß der Barwerttabelle. Aus einem Nominalzins i.H.v. 8% p.a. würden also 9,642193% p.a. Effektivzins (oder interner Zins), wenn die Bank 4% Disagio einrechnet, also statt der 15.000 Euro nur 14.400 Euro auszahlt. Was aber wäre der Effektivzins des Annuitätendarlehens?
Auch hier zinsen wir nämlich wiederum alle Zahlungen des Kreditnehmers ao ab, daß der Kapitalwert gegen null geht – und stellen mit großer Überraschung fest, daß der Effektivzins des Annuitätendarlehens jetzt kleiner ist als der interne Zins des Abzahlungsdarlehens, nämlich nur 9,567976% beträgt – so ca. 0,8 Prozentpunkte weniger. Das also ist eine Überraschung: das Annuitätendarlehen ist gleichzeitig (!) teurer als das Abzahlungsdarlehen, hat aber dennoch einen niedrigeren Effektivzins. Zahlt der Kunde beim Abzahlungsdarlehen für 9,64% Zins p.a. 4.200 Euro mehr als er erhält, so beträgt beim Annuitätendarlehen der Zins nur 9,57% p.a., aber dafür müssen 4.384,25 € mehr als die ursprüngliche Auszahlung an die Bank gezahlt werden. Verrückte Welt: Für weniger Zins mehr zahlen – das ist die Zinsanomalie. Denken Sie mal dran, zum Beispiel beim nächsten Bankgespräch, oder bei der nächsten Klausur: die Banker dürften Ihnen das verschweigen, aber für die Aufgabenpoeten ist das hier ein gefundenes Fressen, wenn dieser Wink mit dem Zaunpfahl mal erlaubt sei. Links zum Thema: Das Geheimnis des Annuitätendarlehens, oder was Ihre Bank Ihnen nicht verrät | Von der Magie des Zinstermins: wenn die Bank den Kunden verhext | Wirklich so günstig? Warum Leasing sich nicht lohnt | Formelsammlung der BWL | Darlehens-Rechner für Excel | Leasing-Rechner für Excel (interne Links) Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Effektivzins", "EZB-Zins", "interner Zins", "Zinsen", "Zinseszinsformeln", "Zinsfuß, effektiver", "Zinsfuß, interner", "Zinsrechnung", "Zinstermin". [Manuskripte]: "Finanzierung Skript.pdf", "Formelsammlung der BWL.pdf", "Investition Skript.pdf". [Excel]: "Darlehen.xls", "Interner Zinsfuß.xls", "Leasing.xls". |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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