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Didaktik: Wie unterrichtet man die Prozentrechnung? | ||||
Es ist eine alte Dozentenerfahrung, daß viele Lehrgangsteilnehmer auch im hohen Erwachsenenalter die Prozentrechnung nicht beherrschen. Eine Menge Verkäufer meinen, die Umsatzsteuer in einem Bruttobetrag von 100 Euro sei "natürlich 19 Euro", was ebenso natürlich falsch ist (es sind nur 15,97 Euro). Kein Wunder, daß man Belege mit separatem Ausweis der Umsatzsteuer nur an der Hauptkasse bekommt, wo man nochmal anstehen muß: zu viele Verkäufer machen hier zu viele Fehler. Aber warum ist das so?
Es kann sein, daß der Fehler in der Didaktik liegt, die die Schulen anwenden. Sie stellen den Rechenweg mathematisch richtig dar, aber viele kommen mit der – richtigen – Lösung nicht klar. Ein didaktisch anderer Weg der Darstellung der Rechenmethode wäre angemessen. Zunächst wird im Unterricht dargestellt, daß der Grundwert G durch 100 dem Prozentwert W durch den Prozentsatz P entspreche Will man nun den Prozentwert W wissen, so muß man die Formel nach W hin umstellen. Das wird lange geübt. Der Schüler sollte dann wissen: Bezogen auf die Umsatzsteuer würde dies bedeuten: Das ist so weit ganz gut nachvollziehbar und didaktisch folgerichtig vom Einfachen zum Schwierigen und vom Allgemeinen zum Speziellen hin darstellbar. Jetzt aber kommt ein Problem, an dem viele Schüler scheitern. Was wäre, will man nicht die Umsatzsteuer (USt), sondern den Brutto-Betrag wissen? Man müßte jetzt ja die Steuer addieren. Das läßt sich aus der einleitend dargestellten Grundformel ableiten. W steht jetzt für den Bruttobetrag: Der Prozentrechner muß also den Bruttobetrag ermitteln, indem er den ausgerechneten Prozentwert zum Nettobetrag addiert: Das ist aber mit viel mehr Tipparbeit verbunden, und damit nicht nur umständlicher, sondern auch viel fehleranfälliger, als einfach die 19 und die 100 zu 0,19 auszukürzen, und für den addierten Nettobetrag eine 1 zu addieren. Dann erhält man nämlich: Dieser Schritt wird von den Lehrern anscheinend nie erklärt. Jedenfalls habe ich eine Menge Erwachsene erlebt, die über diesen einfachen Rechenweg unendlich erstaunt schienen. Das, so die häufig gehörte Äußerung, sei völlig neu. Es ist, um es in einem Wort zu sagen, aus mehreren Gründen sinnvoll, so früh wie möglich bei der Vermittlung der Prozentrechnung die Faktorrechnung einzuführen, also den Prozentsatz und die 100 auszukürzen. Warum, kann man gerade am Prozentbeispiel demonstrieren. Anstatt die oben dargestellte Grundformel jetzt umständlich umzustellen, also auf einer Fähigkeit aufzubauen, die fast alle Erwachsenen nach ihrer Schulzeit verlieren, wenn sie nicht ohnehin mit Mathematik zu tun haben, ergibt sich nun ganz offensichtlich und vollkommen zwanglos: Und schon muß man nicht mehr an der Hauptkasse anstehen, weil es plötzlich alle Verkäufer richtig machen. Dies bringt aber auch noch viel weiterreichende didaktische Vorteile, denn in der gesamten Finanzmathematik wird stets mit der Faktorrechnung gerechnet. Der Zins i ist stets mit der 100 ausgekürzt. Bei einem Zinssatz von 10% ist beispielsweise i = 0,1. Hat man die Prozentrechnung zuvor richtig vermittelt, muß das nicht mehr lange erklärt und geübt werden. Die Formel für den Kapitalendwert ist jetzt viel einfacher zu motivieren, denn der Lehrende muß lediglich die Bedeutung der Potenz aus wiederholter Anwendung der einfachen Faktorrechnung verdeutlichen. Er braucht die 100 nicht mehr wegzuerläutern. Und mehr noch, auch die Berechnung des Kapitalanfangswertes ist jetzt viel zwangloser nach der gleichen Vorgehensweise wie oben die Brutto-Netto-Problematik zu vermitteln. So einfach kann das gehen. Man muß nur richtig unterrichten, um nicht nur totes, auswendig gelerntes Wissen, sondern Können und Erkennen beim Lernenden zu begründen, also Sinn im Leben zu stiften. Die Sache hat natürlich noch viele weitere Anwendungen: in der Kostenrechnung beispielsweise. Besonders im Handel, aber auch bei manchen Dienstleistungen (wie etwa in den Restaurants und Gaststätten), die nur eine Einzelkostenart haben, ist die Faktorrechnung häufig. Die wird nur beherrscht, wenn die Grundlagen beherrscht werden. Will man nämlich auf etwas sagen wir mal 140% aufschlagen, so muß man dieses Etwas natürlich mit 2,4 multiplizieren. 2,4 ist der Faktor zu einem Aufschlag von 140%. Das muß man nur Leuten begründen, die auch Probleme mit der Umsatzsteuerrechnung haben. Auch die gefürchteten Skontobuchungen verlieren ganz schnell ihren Schrecken, wenn man das mit den Faktoren im Schlaf beherrscht. Und die beliebten Prüfungsfallen mit der Skontozinsrechnung sind auf einmal kein Problem mehr. Alles aber nur, wenn vorher die Didaktik gestimmt hat. Link zum Thema: Wissen, Können und Erkennen, oder von der Treppe, die zum Prüfungserfolg führt | Die gefürchteten Skontobuchungen: so geht's ganz einfach! | Skontozins: wenn Du nicht mehr weiter weißt... | Zinseszinsrechnung: warum die Händler aus dem Tempel vertrieben wurden | Totgesagte leben länger: Tageberechnungsmethoden in der Zinsrechnung | Zinsrechner für Excel® (interne Links) Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Skonto", "Skontobuchungen", "Zinsen bei Skonto", "Zinseszinsformeln", "Zinsrechnung". [Manuskripte]: "AfA-Tabellen.pdf", "Buchführung Abschluß", "Buchführung Geschäftsbuchungen Skript.pdf", "Jahresabschlußanalyse.pdf". [Excel]: "AfA-Tabelle.xls", "Jahreabschlußanalyse.xls". |
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