Bei verzinslichen Geschäften ist es der Regelfall, daß zu berechnende Zeiträume sich nicht auf ganze Jahre oder Vielfache davon, sondern auf "krumme" Zeiträume beziehen. Gab es in der Vergangenheit hierfür eine Vielzahl von Hilfsmethoden, die das manuelle Rechnen erleichtern sollten, könnte man meinen, daß da nun überall Computer zur Verfügung stehen solche Verfahren obsolet geworden sind - was aber keineswegs der Fall ist: noch immer kursieren die seltsamsten Rechenmethoden, die auf zum Teil noch seltsamere Namen hören, was auch geeignet ist, den Spaßfaktor in Prüfungen zu optimieren:
So finden sich in der grauen Welt der Banker und Finanzdienstleister noch immer die folgenden Methoden der Zinstagerechnung:
- 30/360-Methode: Diese sogar von der International Securities Market Association favorisierte Verfahren berechnet alle Monate grundsätzlich mit 30 Tagen und das Jahr zu 360 Tagen. Fällt ein Kalendertermin auf einen 31. Tag, den die Methode nicht kennt, so ist der 30. Tag des jeweiligen Monats anzusetzen. Dieses seltsame Verfahren gibt es sogar noch in einer deutschen und einer US-Variante, die sich jedoch nur in der Behandlung des Februars unterscheiden: der deutsche Februar har 30 Tage, der US-Februar 28 oder 29, aber das Jahr hat stets nur die 360 Tage.
- Echt/360-Methode: Dieses Verfahren ist auch als die französische oder internationale Methode bekannt und geht von den Monaten in ihrer wirklichen Länge aus, berechnet das Jahr aber ebenfalls zu 360 Tagen, was ebenfalls Anlaß zu netten, unerklärlichen Fehlern im Rechenergebnis ist, die diesmal nicht auf die Microsoft-Null zurückzuführen sind.
- Echt/Echt-Methode: Hier passiert, was man als selbstverständlich voraussetzen sollte, d.h., die zu rechnenden Zeitperioden werden mit ihrem wirklichen Wert angesetzt, also der tatsächlichen Zahl von Tagen: die Monate zu 28, 29, 30 oder 31 Tagen und das Jahr zu 365 oder 366 Tagen.
- Die Methode der PAngV: Schließlich schreibt die Preisangabeverordnung (PAngV) zur Berechnung des Effektivzinses bei Konsumentenkrediten noch eine weitere Methode vor, die darin besteht, das Jahr stets zu 365 Tagen, 52 Wochen oder 12 gleichlangen Monaten anzusetzen
Ein Beispiel: Ein Schuld i.H.v. von 1.000 € mit einem Zinssatz von 10% p.a. entsteht am 1. Januar 2004 und ist am 15.03.2005 fällig. Hier ist bemerkenswert, daß 2004 ein Schaltjahr ist. Welche Zinszahlung ist am Ende der Laufzeit fällig? Für ein Jahr wären offensichtlich 100 € Zinsen fällig.
- Einfache 30/360-Methode: 1 mal 360 Tage + 2,5 mal 30 Tage = 435 Zinstage; Zinsen = 435/360x100 = 120,83 €
- Deutsche 30/360-Methode: Hier wird der Februar nur mit 29 Tagen angesetzt (2004 ist ein Schaltjahr!), so daß wird auf 434 Tage kommen (die einfache 30/360-Methode setzte für jeden Monat 30 Tage an). Die Zinsen sind damit 434/360x100 = 120,56 €
- Echt/360-Methode: Für 2004 setzt diese Methode 360 Tage an; in 2005 haben aber der Januar 31 und der Februar 28 Tage, zu denen sich noch 15 Tage im März gesellen, was in 2005 dann 74 Tage oder insgesamt 434 Tage ausmacht, so daß die Zinsen hier auch 120,56 € betragen. Wäre aber die Schuld schon in 2003 entstanden, und daher in 2004 ausgelaufen, so wäre der Schalttag im Schaltjahr 2004 mitzurechnen, 435 Zinstage oder 120,83 € zu rechnen.
- Echt/Echt-Methode: Die tatsächliche Differenz vom 01.01.2004 bis zum 15.03.2005 beträgt 439 Tage, so daß die Zinsen 439/365x100=120,27 betragen.
- Nach der PAngV: Hier liegen 14,5 Monate vor, die gleichlang (!) sein sollen, also jeweils 365/12=30,416666666 Tage haben, was in unserem Beispiel 14,5x30,416666666 = 441,041666 Zinstage ausmacht. Der Zins beträgt damit 441,041666/365x100 = 120,83 €.
Wenn Sie sich also das nächste Mal über ein seltsames Ergebnis auf einem Kontoauszug wundern kann es ratsam sein nachzufragen, welche dieser Methoden die Bank anwendet, denn bei größeren Summen können die hier demonstrierten scheinbar minimalen Unterschiede schnell einige Zehnerpotenzen überspringen und sind dann gar nicht mehr so unwesentlich.
Links zum Thema: Tabellenkalkulation: Was ist eine Microsoft-Null? (interner Link)
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