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Risikomanagement und Rating: ein Protokoll des Scheiterns |
Erst vor zehn Jahren, am 1. Mai 1998, wurde die Pflicht zur Risikoberichterstattung durch das damalige Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) in den Lagebericht nach §289 HGB geschrieben. Die seither mehrfach erweiterten und verschärften Offenlegungsvorschriften sollten die Corporate Governance in deutschen Unternehmen verbessern und das Handelsrecht an internationale Standards annähern, denn in den IFRS sind Risikomanagement und Risikoberichterstattung schon lange verankert. Doch weniges ist in den letzten Jahren so schiefgegangen wie das unternehmerische Risikomanagement. Eigentlich sollten durch die Risikoberichterstattung unternehmerische Risiken für den Abschlußleser transparent werden; schon der Name des Gesetzes verriet das. Dies dient dazu, bessere Anlageentscheidungen fällen zu können. So betraf das KonTraG nicht nur die Aktiengesellschaft, und die IFRS gelten für "kapitalmarktnahe" Unternehmen (§315 a HGB), also für an einer Börse gelistete Unternehmen. Die sind nämlich Gegenstand der Anlageentscheidung von Kapitalmarktteilnehmern. Gerade dort aber hat das Risikomanagement nichts gebracht, nichts außer Kosten und Bürokratie. Dafür werden wir die Geister, die wir riefen, jetzt doch nicht mehr los. So sind wir jetzt in der wahrlich grotesken Situation, daß Jahresabschlüsse zwar Risikoberichterstattungen enthalten, aber doch jeder Tag an der Börse neue Überraschungen bringt. Und zwar Überraschungen der heftigen Sorte: nicht nur daß die EZB seit Juni 2007 den Leitzins nicht mehr weiter erhöht hat, wo die Euro-Zentralbanker doch seit dem 01.12.2005 einen konsequenten Geldverknappungskurs fuhren, nein sogar die mächtige FED hat vorgestern die US-Leitzinsen von 3,0% auf 2,25% gesenkt, und das war nur die heftigste einer Reihe von schon sechs Zinssenkungen. Und doch weiß niemand, welche Bank morgen hektisch vor der Pleite bewahrt werden muß, hüben wie drüben auf des Steuerzahlers Kosten. Der nämlich zahlt letztlich für das Versagen von Regelungsgeber wie Unternehmen gleichermaßen. Dabei hat sich der gefürchtete Domino-Effekt noch gar nicht manifestiert, und Gott möge uns davor behüten. Dafür wurde es durch das Basel II Abkommen spätestens seit seinem Inkrafttreten Anfang 2007 mit dem Kredit wie mit dem Sex: wer am meisten braucht, der kriegt am wenigsten. Und trotz der immer strengeren Vergaberegeln, die schlechte Kreditschuldner weitgehend von der Darlehensgewährung ausschließen, es für die, die es eigentlich nicht brauchen aber billiger machen, wurden so viele faule Kredite in den USA und anderswo gewährt und nachher in Gestalt von ABS-Transaktionen auf den Kapitalmarkt gebracht, daß jetzt das ganze Gebäude einsturzgefährdet ist. Es ist kaum zu glauben, in welchem Maße all die schönen, bürokratischen Regelungen über Rating und Risikomanagement versagt haben. Außer Spesen nix gewesen: Offenheit im Abschluß schützt vor versteckten Risiken nicht, und diese gibt es jetzt mehr denn je. Dafür ist das jetzt wenigstens offensichtlich: noch vor einem halben Jahr wurde ich nämlich an dieser Stelle für einen ähnlichen kritischen Artikel böse beschimpft. Das dürfte jetzt wohl kaum noch zeitgemäß sein. Links zum Thema: Hühner, Gänse und Schweine, oder worum es bei der Hypothekenkrise wirklich geht | Basel II und die Hypothekenkrise, oder was lange währt wird endlich Wut | Kapitalmarkt-Magie: Das Wertpapier ohne Rückwärtsgang, oder wie Verluste nachhaltig verhindert werden (interne Links) Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Basel I Abkommen", "Basel II Abkommen", "Baseler Ausschuß für Bankenaufsicht", "Darlehen", "Kredit", "Mezzanine-Kapital", "RAROC", "Rating", "Venture Capital". [Manuskripte]: "Finanzierung Skript.pdf", "Rating Strategie und Einführung.pdf", "Rating und Bonität.pdf". [Excel]: "Zinsen BB und ECB.xls". |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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