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Ausweitung der internationalen Rechnungslegung ab 2005

Nachdem wir uns gestern schon über neue Angabepflichten im Anhang und am Tag davor über die Ausweitung der Berichtspflichten im Lagebericht ausgelassen haben, verbreitet sich der BWL-Bote in diesem kleinen Beitrag über die Neuregelung der von Konzernen anzuwendenden Rechnungslegung nach IAS/IFRS, die ab 2005 in das Handelsgesetzbuch eingeführt wurde. Die halbe Einführung: wie die internationale Rechnungslegung schleichend eingeführt wird. Eine typisch deutsche Lösung.

Bislang wurde die Befugnis zur Rechnungslegung nach IAS/IFRS durch den bisherigen §292a HGB geregelt. Nach dieser Rechtsvorschrift waren nur Konzernmuttergesellschaften mit Sitz in Deutschland, deren Papiere an einem organisierten Markt im Sinne des §2 Abs. 5 WpHG gehandelt wurden, vom deutschen Konzernrechnungswesen befreit. Sie mußten lediglich in deutscher Sprache und in Euro offenlegen und auf das verwendete Ordnungsmodell ausdrücklich inweisen - in der Regel IAS/IFRS oder US-GAAP. Diese Regelung ist aber mit dem Bilanzrechtsreformgesetz (BilRefG) mit Wirkung ab vorgestern abgeschafft worden.

Im Prinzip besteht die entsprechende Verpflichtung fort, ist nunmehr aber unter ausdrücklichem Bezug auf die zugrundeliegende EU-Richtlinie im neuen §315a Abs. 1 HGB geregelt. Zusätzlich müssen nunmehr aber sämtliche Konzernabschlüssen von Unternehmen, deren Papiere an geregelten Märkten (also den Börsen) gehandelt werden, oder deren Zulassung lediglich beantragt worden ist, nach IAS/IFRS aufgestellt werden. Für die Umstellung der bisher nach US-GAAP bilanzierenden Unternehmen auf IAS/IFRS besteht eine besondere Übergangsfrist bis 2007, wobei dieser Umstieg wegen der zunehmenden Ähnlichkeit zwischen IAS/IFRS und US-GAAP nicht mehr sehr problematisch sein dürfte.

Diese Neuregelung bedeutet auch, daß die Konzernabschlüsse nicht öffentlich gehandelter Unternehmen weiter nach HGB-Regelungen aufgestellt werden müssen, auch wenn diese sich durch das sogenannte Zehnpunkteprogramm den IAS/IFRS annähern. Wir haben es also auf absehbare Zeit noch immer mit verschiedenen, einander zum Teil widersprechenden handelsrechtlichen Regelwerken zu tun - und daneben natürlich noch mit den steuerrechtlichen Regelungen, die der Handelsbilanz oft noch viel drastischer widersprechen, z.B. bei der Bewertung vorübergehender Wertminderungen (§253 Abs. 1 bis 4 HGB mit genereller Pflicht zur Teilwertabschreibung, §6 Abs. 1 und 2 EStG hingegen mit einem ausdrücklichen Verbot einer solchen Abschreibung bei vorübergehender Wertminderung).

Das ist typisch deutsch: halbe Reformen, waschen aber nicht naß machen, und eine steigende Komplexität kaum mehr überschaubarer Regelwerke. Andere Länder scheinen uns dabei weit voraus, sogar solche, die noch gar nicht der EU beigetreten sind: mancherorts in Osteuropa, insbesondere z.B. in Rumänien, wurden nämlich mit Wirkung ab 2005 die alten nationalen Regelungen hinsichtlich des Rechnungswesens total abgeschafft und gänzlich durch IAS/IFRS ersetzt. Das macht Sinn, denn der vom HGB gemachte Unterschied in Einzel- und Konzernabschluß wird von den IFRS nicht gemacht.

Die ideale Ergänzung wäre übrigens eine öffentliche Verwaltung, die auf IPSAS umsteigt. Die Schweizer haben das längst geschafft, aber die hatten ja auch die Weisheit, die Energiesteuer in mehreren Volksabstimmungen abzulehnen. Deutschland reformiert dagegen wiedermal die Kameralistik.

Links zum Thema: Neuregelungen im Anhang ab 2005 | Neuregelungen im Lagebericht ab 2005 | Skript zu IFRS/IAS | Reformen des Handelsrechts im Vorfeld der IAS-Einführung | IPSAS: ein Weg, den Deutschland (noch) nicht geht | Der Bundestag verabschiedet das Bilanzrechtsreform- und das Bilanzkontrollgesetz (interne Links) | Gesetzesveröffentlichung des BilRefG (externer Link)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "IAS", "IFRS", "IFRS, Umstellung auf", "IPSAS", "Jahresabschluß", "Konsolidierung", "Konzern", "Konzernabschluß", "Offenlegung". [Manuskripte]: "Buchführung Abschlüsse.pdf", "IAS.pdf", "Jahresabschluß Beispiel.pdf", "Jahresabschlußanalyse.pdf", "Offenlegung.pdf".
Diese Hinweise beziehen sich auf die zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels aktuelle Version der BWL CD. Nicht alle Inhalte und nicht alle Stichworte sind in älteren Fassungen enthalten. Den tagesaktuellen Stand ersehen Sie aus dem Inhaltsverzeichnis oder dem thematischen Verzeichnis.


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