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Gewinnvergleichsrechnung: kritische Fallen in scheinbar einfachen Verfahren | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Gewinnvergleichsrechnung führt oft ein Schattendasein im Bereich der Investitionsrechenverfahren, denn sie setzt voraus, daß dem Investitionsobjekt, über dessen Anschaffung entschieden werden soll, Umsatzerlöse direkt zuzurechnen sind. Das ist oft nicht der Fall. Viele Autoren von Studien- oder Projektarbeiten, und viele Macher von Prüfungsfragen, beschränken sich dabei auf die anscheinend einfache Kostenvergleichsrechnung. Aber nicht alle, wie der nachfolgende Knallkörper zeigt: Die Gewinnvergleichsrechnung kann die Kostenvergleichsrechnung erweitern. Der Investor erhält weitergehende Einsicht und kann eine bessere Entscheidung treffen. Im folgenden Beispiel ist die zugrundeliegende Kostenartenrechnung bereits erledigt. Es bestehen die folgenden zusammengefaßten Ausgangszahlen:
Die erwartete Leistung betrage 20.000 Stück pro Jahr. Aufgabe: Ermitteln Sie, ab welcher Leistung in Stück pro Jahr Anlage B unter Einbeziehung aller Daten als Investitionsalternative vorzuziehen ist. Aarghhh! Auf den ersten Blick offensichtlich ist, daß Anlage A bei geringen Leistungsmengen kostengünstiger ist, weil sie niedrigere Fixkosten verursacht. Oberflächlich betrachtet sieht dies nach einem Beispiel für die kritische Leistung aus: Die Lösung ist zudem verlockend, weil der kundige Kostenrechner gewiß gelernt hat, daß eine kritische Leistung nur dann definiert ist, wenn bei einer Anlage die Fixkosten höher sind, bei der anderen aber die variablen Kosten. Genau das ist hier der Fall. Die Lösung ist dennoch – falsch. Ja, eine böse Falle, wie eine Rechnung unter Einbeziehung aller Daten eindeutig zeigt:
Bei einer Leistung i.H.v. X = 8.000 Stück/Jahr sind die Kosten beider Anlagen gleich; es sollte aber unter Einbeziehung aller Daten entschieden werden, ab wann Anlage B vorzuziehen ist. Esm uß also offenbar in Betriebsergebnisbegriffen gedacht werden, denn bei der kritischen Leistung aus Kostensicht ist Anlage A ganz offenbar noch beiweitem vorzuziehen. Ja, eine böse Falle! Der Auswendiglerner, der Methoden schematisch paukt ohne sie in die Tiefe hinein zu verstehen, scheitert hier ganz offensichtlich. Man muß, wie so oft in solchen Prüfungen, Formeln selbständig ableiten. Es soll ganz offensichtlich der Punkt ermittelt werden, an dem gilt: Das Symbol G steht hier für den Gewinn, bezeichnet aber natürlich eigentlich das Betriebsergebnis. Hierfür gilt allgemein: Natürlich muß man zwei weitere Grundkenntnisse an die Sache herantragen. Für den Umsatz gilt zunächst: Und die Gesamtkosten setzen sich aus fixen und variablen Kosten zusammen, was ebenfalls wohlbekannt sein muß: Setzt man die Formeln für den Umsatz und die Gesamtkosten in die anfängliche Definition der Gewinngleichheit ein, so erhält man: Da die Differenz zwischen Umsatz und variablen Kosten aber besser als Deckungsbeitrag (DB) bekannt ist, kann man auch schreiben: Dies stellt bereits eine spürbare Vereinfachung dar. Der Ausdruck kann jetzt nach dem bekannten Muster der Berechnung der kritischen Leistung nach X hin aufgelöst werden. Zunächst lautet der Ausdruck mit den Zahlen aus dem Ausgangsbeispiel: Zunächst wird der kleinere Deckungsbeitrag auf beiden Seiten subtrahiert, so daß nur noch die Differenz i.H.v. 0,5 X übrig bleibt: Anschließend wird die kleinere der beiden Konstanten, also der Fixkostenbetrag der Anlage A, auf beiden Seiten abgezogen: Um die Sache übersichtlicher zu gestalten, wird die jetzt noch übrige Konstante auf die andere Seite gebracht, wodurch sich ihr Vorzeichen umkehrt: Und so sieht das Ergebnis aus: Der Leser mag die Richtigkeit dieses Ergebnisses nachrechnen. Anstatt sich nach der kritischen Leistung auf Kostenbasis zu richten, sollte der Investor erst oberhalb einer zu erwartenden Leistung von 56.000 Stück pro Jahr in Anlage B investieren und darunter Anlage A wählen:
Nicht oberhalb des Punktes der Kostengleichheit ist Anlage B vorzuziehen, sondern erst oberhalb des Punktes der Gewinngleichheit. Unter Einbeziehung aller Daten denkt der Investor, der die statischen Methoden der Investitionsrechnung anwendet, in Betriebsergebnisbegriffen (und nicht nur in Kostenbegriffen). Es macht keinen Sinn, Anlagen mit gleich hohen Kosten zu haben. Es ist viel interessanter zu wissen, ab welcher Leistung mehr Gewinn erwirtschaftet wird. Ja, eine Prüfungsfalle – und eigentlich keine sehr schlimme. Es fallen aber die Prüfungsteilnehmer rein, die so etwas nur schematisch auswenig lernen und es nicht wirklich verinnern. Und das genau ist der Zweck einer Prüfungsveranstaltung: die Spreu vom Weizen zu trennen. Links zum Thema: Übersicht: Die wichtigsten Verfahren der Investitionsrechnung | Der kaufmännische Gewinnbegriff: Ohne Moos nix los... | Kostenvergleichsrechnung: wie man Preise drückt und Lieferanten knebelt (interne Links) Literatur: Zingel, Harry, "Kosten- und Leistungsrechnung", Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-50388-9, Amazon.de | BOL | Buch.de. Auf der BWL-CD ohne Mehrkosten enthalten. Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Betriebsergebnis", "Break Even", "Break Even Analyse", "Deckungsbeitrag", "Gewinn", "Gewinnvergleichsrechnung", "Investitionsrechnungsverfahren", "Kosten", "Kostenvergleichsrechnung", "Kritische Leistung", "Leistungen". [Manuskripte]: "Investition Skript.pdf", "Lehrbuch der KLR.pdf". [Excel]: "Kostenartenrechner.xls", "Kostenvergleich Gewinnvergleich.xls". |
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