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IHK-Prüfungen: ein Reformvorschlag | ||||
Diese Herbstprüfung ist erstmals passiert, was Kritiker längst befürchten: eine IHK-Prüfung ist insgesamt gescheitert. Mängel bei der Prüfungsdurchführung, fachliche Fehler in den Aufgaben, Durchfallerquoten von 100% auch unter eigentlich fähigen, wohlvorbereiteten und willigen Kandidaten – eine Situation, die die Kammern derzeit hektisch aber gleichwohl mit wenig Erfolg zu reparieren suchen. Dabei wäre eine Abhilfe leicht erreichbar, wenn man nur will. Schauen wir mal, wie das gehen könnte:
Marktöffnung im PrüfungswesenSo spricht die ganze Welt von Marktwirtschaft und Liberalisierung, und seit ich mir meinen Telefonprovider aussuchen kann, kennen die Preise nur eine Richtung: nach unten. Die Leistungen der inzwischen recht zahlreichen Telekommunikationsfirmen sind inzwischen aber besser geworden, meistens jedenfalls. Ich frage mich, warum das nicht auch bei den Aus- und Fortbildungsprüfungen der Industrie- und Handelskammern funktionieren sollte, denn diese sind keine hoheitliche Aufgabe. Sie stehen nicht in §1 IHK-G und die Kammern sind auch im Berufsbildungsgesetz nicht notwendiger weise die Veranstalter solcher Prüfungen. Eine Liberalisierung des Prüfungswesens sollte also im Rahmen der bestehenden Gesetze möglich sein. Ein zentraler AufgabenausschußUnd so könnte das aussehen: schon jetzt können ja private Anbieter die eigentlichen Fortbildungen durchführen, und sie tun das vielfach billiger und bisweilen auch besser als die Kammern. Sie sollten auch an der Erstellung der Prüfungsaufgaben beteiligt werden. Hierzu würde es nach Auffassung des BWL-Boten ausreichen, wenn ein überregionaler Ausschuß geschaffen wird, der die Aufgaben erstellt. Dieser neue Aufgabenausschuß sollte nicht mehr bei der IHK angesiedelt sein, sondern möglichst beim Bundesminister für Bildung und Forschung. Die Kammern dürfen an der Aufgabenerstellung mitwirken – aber nur neben anderen, privaten Anbietern. Um eine Überrepräsentierung zu verhindern, sollte niemand mehr als einen Vertreter in den Aufgabenausschuß entsenden dürfen. Die Erstellung der Aufgaben sollte nicht mehr an die Kammer-Skripte gebunden sein, d.h. muß sich thematisch im Rahmenstoffplan bewegen, sollte aber nicht aus den IHK-Textbänden (oder gar der Wikipedia) abgeschrieben werden dürfen. Aufgaben- und Kontrollausschuß trennenEin wesentliches Problem bei den Kammerprüfungen sind die zahlreichen fachlichen Fehler, über die an dieser Stelle ja immer wieder berichtet wurde. Um eine Qualitätsverbesserung zu erzielen, sollten die Aufgaben von einem zweiten Ausschuß inhaltlich und vom Anspruch her überprüft werden. Nur nach Freigabe durch diesen Kontrollausschuß dürfen die Aufgaben in Kraft gesetzt, also auf die Leute losgelassen werden. Es wird also vorgeschlagen, die bisherige Arbeit des Aufgabenausschusses auf zwei, einander kontrollierende Ausschüsse zu übertragen. Um Korruption zu verhindern, darf zudem niemand in beiden Ausschüssen zugleich sitzen und keine Organisation sich an beiden Ausschüssen zugleich beteiligen. Dezentralisierung der PrüfungsdurchführungDie Prüfungsdurchführung sollte ebenfalls bei privaten Anbietern möglich werden. Diese können die Aufgaben vom Aufgabenausschuß beziehen; ich schlage aber vor, daß diejenigen Bildungsanbieter, die Prüfungen anbieten, eine Pflichtakkreditierung durchlaufen müssen, wie sie an dieser Stelle schon vorgeschlagen worden ist. Das hat den Zweck, die bekannten Probleme mit unseriösen Spaßangeboten, Scientology, Bildungs-Pyramidenspielen und andere Qualitätsdesastern aus den Prüfungen fernzuhalten. Im Kern wird also vorgeschlagen, den Kämmerlingen das Prüfungswesen wegzunehmen. Dieses sollte dezentralisiert und pluralisiert werden. Dies könnte zu einer wesentlichen Qualitätsverbesserung der ganzen Operation beitragen. Da es dann viele Prüfungsanbieter gibt, könnten auch die Prüfungsgebühren sinken. Wenn der Aufgabenausschuß und der Kontrollausschuß staatlich sind, sollten sie zu Selbstkosten arbeiten, d.h. die Aufgaben und Lösungen vergleichsweise günstig anbieten. Ein neuer Name, ohne KammerSchließlich sollten die bekannten Fortbildungen, für die dieser Vorschlag umgesetzt wird, nicht mehr nach der IHK benannt werden, sondern einen neutralen Namen erhalten. Aus "Geprüfter Betriebswirt/IHK" könnte schlicht "Geprüfter Betriebswirt" werden. Anstelle von "IHK" würde der Name des Anbieters und ein zu wählendes Logo des zentralen Ausschusses treten. Der Kammerbezug würde damit für den Absolventen wie für den Leser des Zertifikates entfallen. Dies würde den Wettbewerb der Anbieter untereinander fördern und vermutlich den Wert des Zertifikates steigern. Durch eine restriktive Vergabepraxis der Anbieterakkreditierung könnten die Ibiza-Betriebswirte aus dem Markt ferngehalten werden, so daß auch diese den Wert des Zertifikates nicht mehr mit 19-Tage-Kurzseminaren und Lernmethoden aus dem Kindergarten schädigen können. Betrug verhindernUm schließlich den derzeit grassierenden Betrug mit erlogenen Bestehensquoten bei bestimmten Anbietern zu verhindern, sollte eine zentrale Erfolgsstatistik geführt und im Internet bekannt gemacht werden. Dies sollte anbieterspezifisch geschehen; die Zustimmung zu einer entsprechenden Überprüfung sollte Teil der für die Prüfungsveranstaltung erforderlichen Anbieterakkreditierung sein. Es ist machbar, Herr Nachbar!Derzeit ist der Ruf der Industrie- und Handelskammern gründlich ruiniert. Das liegt nur zum Teil an den unseriösen Anbietern im IHK-Markt; vielfach sind auch die eigenen Fehler der Kämmerlinge für das Problem verantwortlich. Wer etwas nicht richtig kann, sollte es aber anderen abgeben, die es besser können. Bildung ist zweifellos eine primäre Staatsaufgabe, denn sie dient der kollektiven Daseinsvorsorge. Die vorstehenden Vorschläge könnte man sogar umsetzen, ohne die Kammern auch nur zu fragen, denn es bestehen schon jetzt viele Betriebswirte-Angebote in der deutschen Bildungslandschaft. Käme eines hinzu, so würden die zahlenden Kunden entscheiden, ob sie zur IHK wollen oder lieber zu einem alternativen Angebot. Links zum Thema: »Geprüfter Technischer Betriebswirt«: massive Probleme mit der Herbstprüfung 2008 | Gescheiterte TBW-Prüfung: die Nullnummer | Die Kämmerlinge und die Wikipedia: unbelegte Quellen in IHK-Prüfungen! | Die Qualitätsmängel der Kämmerlinge: Vorschlag für Pflichtakkreditierung von Fortbildungsanbietern | Unseriöse Lehrgangsträger: Die »Study-Tech«-Heilsversprechen | Unseriöse Lehrgangsträger: das Bildungs-Pyramidenspiel | Bestehensquoten in IHK-Prüfungen: Nepper, Schlepper, Bauernfänger... | IHK-Fortbildungen: der Anfang vom Ende? | Industrie- und Handelskammer: Marketing ist nicht alles... (interne Links) |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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