Im Gedenken an Harry Zingel (✟ 12. August 2009) ..... Alle Dokumente stehen ab sofort zum freien Download zur Verfügung (Redaktionsstand: letzte BWL CD 8/2009) .... Finanziert wird das Projekt via Google AdSense ... Achtung: Es erfolgt keine Aktualisierung der Inhalte ... Es besteht kein Recht auf Support in jeglicher Hinsicht ... Ich wünsche euch trotz alledem viel Erfolg mit der neuen alten BWL CD!!!

Der kostenlose Newsletter
der BWL CD
© Harry Zingel 2001-2009
BWL Mehr wissen,
mehr können,
mehr sein!
Startseite | Copyright | Rechtschreibung | Link mich! | Impressum | Blog

Grundlagen der Bilanzierung Was sind eigentlich »Ereignisse nach dem Bilanzstichtag«?

Während die Bilanz eigentlich eine Stichtagsrechnung ist, die aufgrund von Zahlen und Daten des abgelaufenen Geschäftsjahres entsteht, sind auch Ereignisse nach dem Bilanzstichtag bilanziell berichtspflichtig, wenn das der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes (§238 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB) dient. Voraussetzung ist aber immer, daß die Ursachen im alten Jahr liegen, jedoch die Auswirkungen erst nach dem Stichtag offenbar werden.

Artikel als MP3 anhören, gesprochen vom Autor:
play button

Das Handelsrecht schreibt hierzu allerdings nur eine allgemeine Offenlegung im Lagebericht vor (§289 Abs. 2 Nr. 1 HGB) ohne dies weiter inhaltlich zu qualifizieren. Insofern bleibt es dem Bilanzierenden überlassen zu entscheiden, was er in welchem Umfang berichtet. Die übrigen im Lagebericht offenzulegenden Sachverhalte können im Wege der Analogie als Richtschnur verwendet werden: was berichtspflichtig wäre, wenn es im alten Jahr eintritt, ist damit auch berichtspflichtig, wenn es erst nach dem Stichtag aber vor der Feststellung der Bilanz eintritt.

Das Steuerrecht kennt keinerlei Offenlegung von Ereignissen nach dem Bilanzstichtag, weil die Steuerbilanz keine allgemeine Informationsfunktion besitzt, sondern lediglich der allgemeinen Erzielung staatlicher Einnahmen dient. Man könnte jedoch Anträge des Steuerpflichtigen, die sich auf Steuern für abgelaufene Geschäftsjahre beziehen aber mit nach diesen Jahren eingetretenen Ereignissen begründet werden – etwa Stundungsbitten wegen Zahlungsschwierigkeiten – als eine Art von Bericht über Ereignisse nach dem Bilanzstichtag interpretieren.

Im Bereich der IFRS ist die Offenlegung der Ereignisse nach dem Bilanzstichtag in umfassender Weise in IAS 10 geregelt. Da die Informationsfunktion des Jahresabschlusses das wesentliche Grundprinzip der IFRS darstellt, sind die diesbezüglichen Regelungen sehr umfangreich. Der Standard verlangt in diesem Zusammenhang auch, daß der Grundsatz der Unternehmensfortführung nicht angewandt wird, wenn objektive Gründe dagegen sprechen. Dies kann vor dem Bilanzstichtag bekannt sein, aber auch erst nachher bekannt werden, etwa wenn durch neue gesetzliche Regelungen die Fortführung der Unternehmenstätigkeit in Frage gestellt wird.

Ereignisse nach dem Bilanzstichtag können für das berichtende Unternehmen vorteilhaft wie nachteilig sein. Berichtspflichtig sind aber nur solche Ereignisse, die weitere substantielle Hinweise zu Gegebenheiten liefern, die bereits am Bilanzstichtag dem Grunde nach vorgelegen haben. Nicht berichtspflichtig hingegen sind neue Gegebenheiten, denn diese gehören ganz dem neuen Geschäftsjahr an (IAS 10.3). Insofern findet eine Wesentlichkeitsabschätzung statt.

Die im Jahresabschluß erfaßten Beträge müssen u.U. angepaßt werden, um berichtspflichtige Ereignisse nach dem Bilanzstichtag darzustellen. Die Berichtspflicht kann sich also sogar auf die Bewertung auswirken. Häufige Beispiele hierfür sind

  • die Beilegung gerichtlicher Streitigkeiten zwischen Bilanzstichtag und Veröffentlichung des Jahresabschlusses, was zur Ausbuchung von Rückstellungen und/oder der Ausbuchung von Eventualverbindlichkeiten führen kann,
  • der nachträgliche Kenntniserhalt über die jedoch schon zum Bilanzstichtag bestehende Wertminderung eines Vermögensgegenstandes etwa durch verdeckte Bauschäden oder verborgene Sachmängel, so daß eine entsprechende Wertminderung nachträglich zu erfassen ist,
  • erst nach dem Bilanzstichtag aber vor der Veröffentlichung abgeschlossene Ermittlungen der Anschaffungskosten, etwa wenn hierfür erforderliche Dokumente wie Rechnungen von Notaren oder Lieferern erst nachträglich eintreffen,
  • nach dem Bilanzstichtag aber vor dem Veröffentlichungsdatum des Jahresabschlusses erfolgte Ermittlung der Zahlungen aus Gewinn- und Erfolgsbeteiligungen an Arbeitnehmer, die aufgrund von Ereignissen vor dem Bilanzstichtag zu zahlen sind,
  • die Entdeckung eines Betruges oder einer anderen strafbaren Handlung, durch die der bereits festgestellte Jahresabschluß sich nachträglich als falsch herausstellt.

Insgesamt trägt die Berichterstattung über Ereignisse nach dem Bilanzstichtag wesentlich zur Offenheit und Transparenz der Jahresabschlüsse bei. In dem Maße in dem Unternehmen auf die internationale Rechnungslegung umsteigen, steigt der Umfang der Berichterstattung erheblich an, aber es steigt auch der Informationsnutzen des Jahresabschlusses. Und das ist schließlich Zweck der Sache.

Links zum Thema: Skript IAS/IFRS | Skript zum Jahresabschluß nach HGB (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Bewertung", "Bilanzstichtag", "Ereignisse nach dem Bilanzstichtag", "Eventualverbindlichkeiten", "Framework", "IFRS", "Lagebericht", "Rückstellungen", "Steuerbilanz". [Manuskripte]: "Buchführung Abschlüsse.pdf", "Einführung in das REWE.pdf", "IAS.pdf".
Diese Hinweise beziehen sich auf die zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels aktuelle Version der BWL CD. Nicht alle Inhalte und nicht alle Stichworte sind in älteren Fassungen enthalten. Den tagesaktuellen Stand ersehen Sie aus dem Inhaltsverzeichnis oder dem thematischen Verzeichnis.


© Harry Zingel 2001-2008
Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
Zurück zur Hauptseite: http://www.bwl-bote.de