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Plankostenrechnung: so versenkt man Prüfungsteilnehmer... | |||||||||||||||||||||||
Teilnehmern einschlägiger Prüfungen ist wohl bewußt, daß die Plankostenrechnung kaum außerhalb der Lehr- und Prüfungsveranstaltung angewandt wird. Das ist auch den Aufgabenerstellern bekannt. Sie denken sich daher gerne komplexe Fallgestaltungen aus, die die Prüfungsteilnehmer aufs Glatteis führen. Hier ist zu besichtigen, wie das ausschauen kann:
Die Lohnkosten liegen ferner bei 21 Euro pro Stunde und sind durch Tarifvertrag festgelegt also kurzfristig unveränderlich. Die Gemeinkosten betrugen in einem früheren Monat bei gleichen Rahmenbedingungen und einer Auslastung i.H.v. 100% genau 36.800 Euro. In einem anderen Monat wurden bei einer Auslastung von nur 120 Stunden Gemeinkosten von 36.600 Euro festgestellt. Leider entwickelt sich die Auftragslage der Unternehmung unvorteilhaft. Es wird nach Ende der Planperiode nur eine Auslastung von gerade mal 62,50% festgestellt. In dieser Periode wurden von Rohstoff A genau 7.600 kg verbraucht. Der Wert des Materials A blieb unverändert bei 2,40 Euro pro kg. Von Rohstoff B wurden hingegen 310 kg verbraucht. Der Wert dieses Rohstoffes betrug jedoch einen Euro mehr pro kg als ursprünglich geplant. Die Gemeinkosten der Planperiode lagen bei 37.000 Euro. Die Löhne waren unverändert bei 21 Euro pro Stunde. Ermitteln Sie die Fixkosten sowie die variablen Kosten pro Stück und pro Periode bei Planbeschäftigung und unter Planannahmen und führen Sie eine Abweichungsanlyse durch. Arrghhh!Diese Sache ist besonders schwierig, weil die für die geforderte Abweichungsanalyse erforderlichen Daten nicht ohne weiteres vorliegen. Sie müssen erst berechnet werden. Hierfür werden Konzepte aus der Teilkostenrechnung und, wie so oft, die zugrundeliegenden Definitionen vorausgesetzt. Die eigentliche Abweichungsanalyse ist mit auswendig gelernten Formeln zu schaffen; die Vorbereitungen sind jedoch umfangreich, und werdie Grundlagen nicht verinnerlicht hat hat kaum eine Chance, mit der Abweichungsanalyse überhaupt nur zu beginnen. Die Plankostenrechnung ist eine Weiterentwicklung der Teilkostenrechnung. Es müssen also Konzepte der Teilkostenrechnung auf die Plankostenrechnung übertragen werden. Der Prüfungsteilnehmer muß also auf der dem Botenleser wohlbekannten Treppe zum Erfolg ein gutes Stück geklettert sein. Dann ist nämlich klar, daß die Kosten in Fixkosten und in variable Kosten aufgeteilt werden sollen. Die Fixkosten sind aber in der Aufgabe gar nicht genannt. Was also tun? Einige variable Kostendaten liegen jedoch vor. Das ist der Einstieg in die Lösung. Die Lohnkosten sind mit 21 Euro/Stunde genannt. Das ist unproblematisch. Die Materialkosten können ausmultipliziert werden. Dann findet man, daß für Material A bei 160 Stunden Kosten i.H.v. 28.800 Euro oder 180 Euro/Stunde geplant sind, und bei Material B insgesamt 6.720 Euro/Monat oder 42 Euro/Stunde. Die Geheimnisse der KostendefinitionenFerner sind in der Aufgabe die Gemeinkosten genannt. Aus den zugrundeliegenden Definitionen muß bekannt sein, daß Gemeinkosten fix oder variabel sein können. In der Aufgabe sind zwei Beschäftigungswerte und zwei Gemeinkosten genannt. Das ist verdächtig – und ähnelt Aufgabengestaltungen zur Break Even Rechnung, die ein wohlvorbereiteter Prüfungsteilnehemer kennen sollte (Beispiel 1, Beispiel 2, Beispiel 3). Wenn die Gemeinkosten bei 120 Stunden/Monat einen anderen Betrag ausmachen als bei 160 Stunden/Monat, dann kann man das folgendermaßen aufbereiten:
Weiß man aber, daß variable Kosten nicht einfach "veränderlich" (und Fixkosten nicht etwa "fest") sind, was beliebte Fehler sind, sondern daß variable Kosten von der Ausbringungsmenge abhängig sind, dann ergibt sich ganz zwanglos die Bestimmung der variablen Gemeinkosten pro Stunde aus der Differenz zwischen den beiden Zeit- und Kostenaufnahmen: Summiert man diese einzelnen Kostenanteile auf, so erhält man die variablen Kosten i.H.v. 248 Euro pro Stunde. Das erlaubt aber auch die Berechnung der Fixkosten. Allgemein gilt ja: Im vorliegenden Fall kann man aber für die beiden in der Aufgabe angegebene Gemeinkostenpotentiale folgendermaßen einsetzen: Dies ähnelt aber stark dem Grundkonzept, das in den verschiedenen, oben verlinkten Aufgaben im Bereich der Break Even Rechnung ebenfalls angewandt wird. Es ist im Zusammenhang mit der Plankostenrechnung möglicherweise überraschend, aber ganz sicher nicht fehlplaziert. Auf dieser Basis kann jetzt für die Planbeschäftigung i.H.v. 160 Stunden der Plankostenverrechnungssatz gefunden werden. Die Fixkosten sind ja jetzt bekannt. Die variablen Kosten der Periode betragen 160 mal die oben berechneten 248 Euro, also 39.680 Euro. Die gesamten Plankosten liegen damit bei 75,680 Euro. Der Plankostenverrechnungssatz ist: Die Istbeschäftigung beträgt aber nur 62,50% der Planbeschäftigung, oder 100 Stunden pro Periode. Hierfür sind zunächst die Istkosten zu bestimmen. Die Löhne bleiben gemäß Aufgabe ja unverändert bei 21 Euro/Stunde oder 2.100 Euro pro Monat. Bei Material A sind es 7.600 kg oder 18.240 Euro; bei Material B hingegen 310 kg zu je 15 Euro/kg, also 4.650 kg. Bei den Gemeinkosten schließlich sind 37.000 Euro angefallen. Da die Fixkosten 36.000 Euro betragen, und das ist gemäß der bekannten Definition von der Auslastung unabhängig, liegen die variablen Gemeinkosten bei 1.000 Euro. Die Ist-Gesamtkosten sind daher bei 61.990 Euro. Die verrechneten Plankosten bei Istbeschäftigung betragen aber 47.300 Euro. Endlich die AbweichungsanalyseJetzt erst kann die in der Aufgabe verlangte Abweichungsanalyse durchgeführt werden. Alles bis hierher ist nur das Vorspiel, jetzt erst kommen wir zur Hauptsacheverhandlung – und damit zu den heißersehnten Punkten in der Prüfung. Die Sollkosten sind variable Plankosten mal Istbeschäftigung durch Planbeschäftigung plus Fixkosten: Jetzt können die Abweichungen bestimmt werden. Die Verbrauchsabweichung ist die Differenz aus Soll- und Istkosten. Hier gilt: Die Beschäftigungsabweichung ist die Differenz aus den verrechneten Plankosten bei Istbeschäftigung und den Sollkosten. Es gilt: Die Gesamtabweichung ist schließlich die Differenz aus den verrechneten Plankosten bei Istbeschäftigung und den Istkosten. Es gilt: Dieses Ergebnis kann übrigens unter Beweis gestellt werden, indem man die Beschäftigungs- und die Verbrauchsabweichung addiert. Das Ergebnis muß genau der Gesamtabweichung entsprechen – was es tut. Kaum jemand betreibt in der betrieblichen Wirklichkeit Plankostenrechnungen. Das ist aber im Vorfeld einer Prüfung irrelevant; viel wichtiger ist zu wissen, daß die Industrie- und Handelskammern dieses Verfahren noch erheblich ausweiten. Ist es bisher eher "nur" für die technischen Betriebswirte relevant, so ist es im Rahmen der neuen Verordnung nicht nur beim Geprüften Technischen Betriebswirt ein Stolperstein, sondern gleichermaßen für den Geprüften Betriebswirt bedeutsam. Es sage also keiner, er habe es nicht gewußt... Links zum Thema: Wissen, Können und Erkennen, oder von der Treppe, die zum Prüfungserfolg führt | Knallharte Prüfungsfragen zur Break Even Rechnung, Teil 1 von 3 | Teil 2 von 3 | Teil 3 von 3 | Plankostenrechnung: was zum Teufel ist ein Variator? (interne Links) Literatur: Zingel, Harry, "Lehrbuch der Kosten- und Leistungsrechnung", Heppenheim 2004, ISBN 3-937473-05-X, Amazon.de | BOL | Buch.de. Auf der BWL-CD ohne Mehrkosten enthalten. Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Fixkosten", "Plankostenrechnung", "Sollkosten", "variable Kosten". [Manuskripte]: "Lehrbuch der KLR.pdf". [Excel]: "Break Even aus Gesamtkosten.xls", "Plankostenrechner.xls". |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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