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Optionsgeschäfte: was zum Teufel ist ein Stillhalter? | |||||||||
Im neuen Rahmenstoffplan der Fortbildung "Geprüfter Betriebswirt" sind viel mehr finanzwirtschaftliche Details enthalten als in früheren Versionen dieser Veranstaltung. Leider erklären die IHK-Textbände diese Hintergründe nur sehr mangelhaft, wie wir schon dann und wann an dieser Stelle gezeigt haben. Ein besonders schwieriges Thema sind die Optionsgeschäfte, denn man hat es mit abstrakten Begriffen zu tun, deren Sinn man sich nicht aus der Alltagssphäre herleiten kann. Das ist eine gute Gelegenheit für die Aufgabenersteller, prachtvolle Prüfungs-Knallschoten zu zaubern. Dieser Artikel liefert eine grundlegende Einführung ins Thema: Optionsgeschäfte als bedingte TermingeschäfteAllgemein ist eine Option das Recht, ein anderes Recht auszuüben oder dieses zu unterlassen, also das Wahlrecht, ein Geschäft abzuschließen oder dieses nicht zu tun. Optionsrechte gibt es über Wertpapiere, über Fremdwährungen oder über reale Güter wie Rohstoffe oder Energieträger. Das Optionsrecht kann das Recht auf Kauf oder Verkauf betreffen. Die Option wird i.d.R. gegen einen Kaufpreis (die Optionsprämie) erworben. Derjenige, der zur Ausübung des Rechtes berechtigt ist, ist der Optionsinhaber. Die Gegenseite wird als Stillhalter bezeichnet, denn sie muß auf die Entscheidung des Optionsinhabers, das Optionsrecht auszuüben oder nicht auszuüben warten. Optionen gehören damit zu den bedingten Termingeschäften, denn sie sind dem Grunde nach ungewiß (bedingte Geschäfte) und lauten auf einen zukünftigen Zeitpunkt (Termin). Zu diesem Zeitpunkt kann der Optionsinhaber zum Terminkurs kaufen ("Call") oder verkaufen ("Put"). Das führt zu vier Optionspositionen:
"Call" und "Put"Erwirbt der Käufer der Option das Recht auf Kauf eines Gutes ("Call", obere Zeile der Tabelle), so zahlt er dem Verkäufer des Gutes hierüber eine Optionsprämie. Er kann dann zum vorher vereinbarten Termin den Kauf durchführen (Optionsausübung) oder das Geschäft verfallen lassen. Der Verkäufer ist Stillhalter, muß also auf die Entscheidung des Optionsinhabers warten. Das führt zu einer asymmetrischen Risikoverteilung: der größte Verlust des Optionsinhabers ist, die Optionsprämie gezahlt zu haben aber das Geschäft verfallen zu lassen. Zu diesem Verlust kommt es, wenn der Wert des Gutes, über das die Option abgeschlossen wurde, sinkt. Der Käufer hat dann kein Interesse mehr an diesem Gut. Steigt aber der Wert des Gutes, so wird der Käufer das Gut erwerben. Der Verlust des Verkäufers ist daher nur durch die Kursveränderung bestimmt und daher potentiell viel größer als das auf die Höhe der Optionsprämie beschränkte Maximalrisiko des Käufers. Der Käufer kann auch das Optionsrecht auf Verkauf ("Put") eines Gutes erwerben (untere Zeile der Tabelle). Der Optionskäufer zahlt dann die Optionsprämie für das Verkaufsrecht. Der Optionsverkäufer, der das Gut zum Terminkurs kaufen muß, ist "Stillhalter in Geld", denn er muß den Kaufpreis des Gutes zahlen wenn der Käufer der Option sein durch die Option verbrieftes Verkaufsrecht ausübt. Auch hier ist die Risikoverteilung aus gleichem Grund asymmetrisch. Amerikanische und Europäische OptionenHinsichtlich der Abwicklung des Geschäftes unterscheidet man zwei Optionstypen:
Optionsanleihen und WandelschuldverschreibungenWird über das Optionsrecht ein Wertpapier ausgestellt (also das Optionsrecht verbrieft), so entsteht ein i.d.R. handelbares Optionspapier. Ein gutes Beispiel ist die Optionsanleihe. Optionsrechte kommen aber auch eingebettet in andere Rechte vor. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Wandelschuldverschreibung, die ihrem Inhaber einerseits wie bei anderen Anleihen auch ein Zins- und Tilgungsrecht vermittelt, andererseits aber auch ein Optionsrecht auf Umtausch in Aktien. Der Inhaber der Wandelschuldverschreibung hat also ein dem Grunde nach sicheres Zins- und Tilgungsrecht und zusätzlich das Recht, die Anleihe in Aktien umzutauschen oder dieses zu unterlassen. Da diese beiden Rechte voneinander unabhängig sind, können sie auch separat bilanziert werden. Da der Stillhalter dem Grunde nach nicht weiß, ob der Inhaber das Optionsrecht ausübt oder nicht, führt die Option auf Seiten des Stillhalters u.U. zu einer Eventualverbindlichkeit. Eine Option in der PrüfungDies alles kann man schwierig finden, besonders dann, wenn man damit normalerweise nichts zu tun hat. Das wissen auch die Prüfungspoeten, so daß das hier in künftigen Prüfungen ein wahres Minenfeld werden könnte. Wie immer gibt es auch hier keinen Lift zum Erfolg, sondern nur eine Treppe, die man mühsam erklimmen muß. Dabei übrigens hilft es, sich die Bilanzierung der jeweiligen Optionsrechte dem Grunde und der Höhe nach zu verdeutlichen: wer nämlich buchen kann, hat das gebuchte Geschäft verstanden. Links zum Thema: Geprüfter Betriebswirt: Hinweise zum neuen Rahmenstoffplan | Geprüfter Betriebswirt: neue Verordnung, neue Prüfung - neues Spiel, neues Glück | Geprüfter Betriebswirt: die Fallen der Finanzwirtschaft oder die notwendige Reform der Reform | Termingeschäfte: die volkswirtschaftliche Zeitbombe | Wertpapierrechnen: wie bewertet man eine Anleihe? (interne Links) Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Aktie", "Aktienanleihe", "Anleihe", "Anleihebewertung", "Derivatgeschäfte", "Emissionshandel", "Eventualverbindlichkeit", "Kassageschäft", "Option", "Schuldverschreibung", "Termingeschäfte", "Wandelschuldverschreibung". [Manuskripte]: "Finanzierung Skript.pdf", "Geld.pdf", "Geldpolitik.pdf", "Investition Skript.pdf". [Excel]: "Aktienrechner.xls". |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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