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Nochmal die Rechnungsabgrenzung: »mein Name ist Bond, Zero Bond...«

Nachdem wir uns diese Woche in einer kleinen zweiteiligen Serie über die Rechnungsabgrenzung ausgelassen hatten (Teil 1, Teil 2) wandten einige Leser zutreffend ein, daß die Periodenabgrenzung nicht der einzige Anwendungsfall der Rechnungsabgrenzung sei. In der Tat gibt es die Rechnungsabgrenzungsposten auch bei der Unterpari-Emission von Anleihen und beim Disagio von Darlehen. Das ist insbesondere relevant, weil im Zusammenhang mit den Nullkupon-Anleihen (Zero-Bonds) eine böse Prüfungsfalle bekannt ist: Mein Name ist Bond, Zero Bond...

So muß man zunächst wissen, daß Anleihen (Obligationen, Schuldverschreibungen) langfristige Formen verbrieften Fremdkapitals sind, die unter ihrem Nennwert, also unter pari ausgegeben (emittiert) werden. Die Ausgabe unter Nenwnert erbringt eine zusätzliche Verzinsung und macht das Papier für den Anleger interessanter. Unter Verbriefung versteht man die Ausfertigung von Wertpapieren ("Stücken"), so daß die Fremdkapitalgewährung handelbar ist. Schauen wir und einfach mal ein Beispiel an:

Eine große Unternehmung benötige 10 Mio. Euro Fremdkapital. Diese Summe kann als Darlehen von der Bank oder per Anleihe vom Kapitalmarkt bezogen werden. Die Anleihe sei in 1.000 Stücke zu je 10.000 Euro Nennwert unterteilt ("gestückelt"). Diese Papiere werden jeweils zu 96% ausgegeben, d.h. können von Anlegern am Ausgabetag zu 9.600 Euro erworben ("gezeichnet") werden. Nach einer Laufzeit von sagen wir mal zehn Jahren werden sie aber zu 102% poder 10.200 Euro zurückgekauft. Hinzu kommt eine regelmäßige jährliche Verzinsung i.H.v. 5%, die stets auf den Nennwert (Nominalwert) berechnet und jährlich ausgezahlt wird. Man spricht daher auch von einem festverzinslichen Wertpapier. In Prüfungen ist übrigens auch oft von "Gläubigerpapieren" die Rede, denn der Anleiheinhaber, also Fremdkapitalgeber, würde im Falle der Insolvenz zum Gläubiger der Unternehmung (und nicht selbst zum Schuldner, wie der Eigenkapitalinhaber).

Aus Sicht der emittierenden Gesellschaft handelt es sich bei den Papieren um Fremdkapital. Verbindlichkeiten sidn aber stets mit dem Rückzahlungsbetrag zu bilanzieren (§253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Es sind also 10.200.000 Euro zu passivieren. Da die Anleger am Ausgabetag aber nur jeweils 9.600 Euro oder 96% für das Papier mit dem Nennwert von 10.000 Euro zahlen müssen (Ausgabe unter Nennwert, Unterpari-Emission, Ausgabe mit Abgeld oder Disagio), erhält die Unternehmung nur 9.600.000 Euro, die zu aktivieren sind (die Emissionskosten der betreuenden Bank ignorieren wie hier mal aus Gründen der Klarheit). Die Differenz i.H.v. 600.000 Euro ist ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten:

Bilanz nach Anleiheemission
Aktiva Passiva
... ... ... ...
Bank 9.600.000 EUR Anleiheschulden 10.200.000 EUR
Aktive RAP 600.000 EUR ... ...
... ...

Das aber ist bedeutsam, denn die jährliche Zinszahlung würde nun pro Jahr eben mehr als die nominal 5% auf Nennwert aus dem Beispiel ausmachen. Wenn wir wiederum die Bankgebühren für die jährliche Abwicklung der Verzinsung ignorieren, dann wäre der Buchungssatz nämlich:

Zinsaufwand 560.000 Euro AN Bank 500.000 Euro und Aktive RAP 60.000 Euro

Die Aktive Rechnungsabgrenzung würde hier um 10% oder 60.000 Euro pro Jahr vermindert werden. Dies erhöht den Nominalzinsaufwand von 5% auf 10 Mio. oder 500.000 Euro.

Das freilich ist erst die halbe Wahrheit, denn im vorstehenden Beispiel haben wir die Bankgebühren ignoriert. Das ist freilich wenig realistisch, denn keine Unternehmung wickelt sowas selber ab. Man beauftragt die Hausbank, und die faßt ganz schön locker zu, und das Jahr für Jahr bei den Zinszahlungen. Dies kann man umgehen, indem man gar keine jährlichen Zinsen mehr zahlt. Man spricht von einer Nullkuponanleihe, denn früher hatten die Anleihen kleine anhängende Gutscheine, die Coupons, die zum Zinsbezug berechtigten (Bildbeispiele: eine Anleihe, ein zugehöriger Coupon). Die Nullkuponanleihe, auch als Zero Bond bekannt, wird dann aber zu einem viel geringeren Wert ausgegeben, denn der Unterschied zwischen Emissions- und Rückkaufwert ist dann ja ohne jährliche Festverzinsung der einzige Defacto-Zins für den Anleger: nehmen wir also einfach mal an, daß die Anleihe im Nennwert von 10.000 Euro pro Stück (oder 10 Mio. Euro insgesamt) für 60% oder 6.000 Euro je Stück emittiert und zu 100% nach zehn Jahren zurückgekauft werde:

Bilanz nach Nullkupon-Emission
Aktiva Passiva
... ... ... ...
Bank 6.000.000 EUR Anleiheschulden 10.000.000 EUR
Aktive RAP 4.000.000 EUR ... ...
... ...

Die Rechnungsabgrenzung wächst jetzt auf 40% des Nennwertes oder 4 Mio. Euro an. Das Prinzip ist aber dasselbe wie vorher, nur daß keine jährlichen Zinszahlungen mehr zu buchen sind. Zinsaufwendungen gibt es freilich dennoch:

Zinsaufwand 400.000 Euro AN Aktive RAP 400.000 Euro

Hier wie im vorstehenden Beispiel wird also weiterhin durch die Rechnungsabgrenzung der Zinsaufwand auf die Jahre verteilt, denen er wirtschaftlich angehört. Das aber entspricht genau der Forderung des F.22 oder §252 Abs. 1 Nr. 5 HGB.

Aber auf jedes Sahnehäubchen paßt noch eine rote Zuckerkirsche, so auch hier. Kann man schon aus dem oben Gesagten die prächtigsten Prüfungs-, Bilanzierungs- und Bewertungsfallen zaubern, so kamen die Aufgabenpoeten allen Ernstes auf die Idee, nach dem Effektivzins der Zerobond-Emission zu fragen. Ein Näherungsverfahren soll hierbei nicht angewandt werden, sondern das Ergebnis auf sagen wir mal sieben Nachkommastellen exakt berechnet werden. Und das geht so:

Die Effektivzinsberechnung

Wer jetzt meint, im Wald zu stehen, befindet sich genau da, wo die Prüfungspoeten den Teilnehmer hinhaben wollen. Das hier verliert seinen Schrecken aber schnell, wenn man sich die Formelumstellung anschaut, die zu dieser Rechenmethode führt. Und die haben wir an dieser Stelle schon verraten. Ach ja: man kann das Ganze auch hier nachrechnen, mit vollem Lösungsweg.

Ach ja: auch bei Darlehen sind Abschläge üblich, d.h. der Darlehensnehmer bekommt weniger Geld wirklich ausbezahlt als der Nennwert des Darlehens ausmacht. Man spricht von einem Abgeld oder Disagio. Die Buchungs- und Bilanzierungstechnik entspricht dann aber dem oben demonstrierten Beispiel.

Links zum Thema: Der Buchhalter-RAP, Teil 1 von 2: Was Du heute kannst besorgen... | Der Buchhalter-RAP, Teil 2 von 2: Wer zu spät kommt... | Interner Zinsfuß: eine hammerharte Prüfungs-Knallschote | Interner Zinsfuß für Excel | Skript zum Jahresabschluß nach HGB | Skript zur Rechnungslegung nach IAS/IFRS (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Abgeld", "Anleihen", "Disagio", "Interner Zinsfuß", "Null-Kupon-Anleihe", "Schuldverschreibung", "Wertpapier". [Manuskripte]: "Buchführung Abschlüsse.pdf", "Finanzierung Skript.pdf", "IAS.pdf", "Investition Skript.pdf". [Excel]: "Interner Zinsfuß (Grafik).xls", "Interner Zinsfuß (Näherung).xls", "Interner Zinsfuß.xls".
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