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Gravierende Schwächen in Studien- und Diplomarbeiten: wie man es nicht machen sollte |
Derzeit werden wieder die Diplomarbeiten geschrieben, und wie immer bedienen sich die meisten Studenten dafür Microsoft Word. Schon diese Wahl an sich ist diskussionswürdig, denn Word ist meist nur durch seine Verfügbarkeit die erste Wahl - professionelle Layoutprogramme sind weitaus besser, aber halt oft nicht erreichbar. Was aber viel schlimmer ist: Word verleitet unerfahrene Anwender zu Verhaltensweisen, die Texte ruinieren und Layouts sabotieren. Und das macht keinen Spaß, besonders dann nicht, wenn der Abgabetermin in den Augen brennt. Dieses Dokument demonstriert, was Sie besser nicht machen sollten. |
Vom Gebrauch der Enter-Taste |
Die Versuchung ist groß, durch wiederholtes Drücken der Enter-Taste Abstände zu schaffen: Anfänger ersetzen auf diese Art Absatzabstände hinter einem Gedankengang, setzen Überschriften vom Text ab oder schaffen Platz für Grafiken. Klickt man doppelt unter den Text, fügt Word ab Version 2000 sogar selbsttätig Enter-Tasten ein (!) - und verleitet den unbedarften User damit zu einer schweren Sünde. Das Problem betrifft übrigens nicht nur Word, sondern alle Microsoft Office Produkte. Es kann nur umgangen werden, indem mit ordentlichen Formatierungen gearbeitet wird: Absatzformate sollten für die Abstände zwischen Absätzen sowie zwischen Überschriften und Absätzen verwendet werden, und Grafiken müssen als Objekte in den Text eingefügt werden. Das ist lästig, aber nötig, und das Word den Anwender nicht dazu zwingt, ist ein Mangel des Programmes. Ach ja, Benutzer professioneller Layoutprogramme wie PageMaker, InDesign oder QuarkXPress, die für Studien- und Diplomarbeiten heiß empfohlen werden, sind von dem Problem übrigens nur in viel geringeren Maße betroffen! Übrigens: manche Studis schleppen Ihr fertiges Werk in den Betrieb oder in eine Druckerei zur Endproduktion. Das ist OK, aber die haben ganz sicher einen anderen Druckertreiber - und da hat schon manch einer ziemlich blöd aus der Wäsche geguckt, was aus seiner schönen Arbeit auf einmal geworden ist! |
Leere Tabulatoren |
Die Tabulator-Taste ist dazu da, Objekte einzurücken, aber dazu müssen zunächst Tabstopps im Lineal gesetzt werden. Hier ist das nicht geschehen, und dann orientiert sich Word an seinen Standard-Tabstopps (1,27 cm). Das führt im Prinzip zum selben Ergebnis, ist aber durch die Rasterung auf den Abstand der Standard-Tabstopps sehr ungenau. Zudem können beim Wechsel des Druckertreibers vor solchen Tabulatororgien stehende Buchstaben plötzlich ein kleines bißchen breiter werden, was die Tabs ebenfalls verrutschen läßt, und schon ist alles ruiniert - so einfach geht das! |
Überflüssige Enter-Tasten am Zeilenende |
Hier hat ein Anwender den Computer anscheinend mit einer alten Schreibmaschine verwechselt und am Ende der Zeile auf die Enter-Taste gedrückt, was auf große Mängel im Umgang mit der Software schließen läßt, denn offensichtlich wurde nicht erkannt, daß die Software - anders als die Schreibmaschinen der früheren Zeit - Zeilenumbrüche automatisch einfügt, der Anwender also einfach weiterschreiben kann. Der Fehler ist übrigens in Aufzählungen und Gliederungen besonders häufig, und deutet dann darauf hin, daß dem Anwender der Gebrauch des hängenden Absatzformates unbekannt ist - was aber auch ein gravierender Fehler ist. Übrigens macht Word das hängende Format mit der Aufzählungstaste sogar selber - man muß sich also nichteinmal mehr mit den Tabulatoren und den Maßen herumschlagen, die man zuvor sonst einstellen müßte! |
Einrücken mit der Leertaste |
Das ist noch eine Verschärfung des zuvor gezeigten Problemes. Hier wurde offensichtlich versucht, aus mehreren Zeilen eine eingerückte Aufzählung zu zaubern. Aber anstatt das mit der Aufzählungsfunktion von Word zu machen (am einfachsten), oder einen tab an der gewünschten Stelle zu setzen und dann das Absatzformat entsprechend einzustellen, wurden mehrere Zeilen eingegeben und dann mit der Leertaste eingerückt - wiederum wie man es früher mit der Schreibmaschine gemacht hat. Doch in einer elektronischen Umgebung ist auch das ein gravierender Fehler, der sich durch das unordentliche und ungenaue Aussehen besonders bei längeren mit der Leertaste eingerückten Aufzählung auch in der ausgedruckten Version leicht verrät. |
Nichtverwendung wichtiger Word-Features |
Die Features von Word sind dazu da, daß man sie auch verwendet. Hier wurden aber Überschriften einfach durch Einstellen eines größeren Schriftgrades und mit Fettdruck gezaubert - was auf den ersten Blick sogar ganz gut ausschaut, aber das automatische Einfügen eines Inhaltsverzeichnisses unmöglich macht. Hier muß also doppelt gearbeitet werden - und bei diesen Doppelarbeiten schleichen sich oft Fehler ein, die nicht sein müßten. |
Der Krampf mit den Formeln |
Das hier ist ein besonders schlimmes Beispiel: jemand hat versucht, die Formel für die Standardabweichung in ein Word-Dokument einzubauen. Dafür wurden Linien mit der Linienfunktion über den Text gestellt, dann eine Querlinie mit Bindestrichen gezaubert und die restlichen Zeichen mit Leertasten so mehr oder weniger an die richtige Position gebracht. Der einzige Kommentar, der mir zu diesem zusammengeschusterten Krampf einfällt, ist Autsch! Nicht nur daß es passieren kann, daß die Linien bei Änderungen vor dieser Stelle an Ort und Stelle liegenbleiben und nur die Textzeichen weiterrücken, also das nachgemachte Wurzelzeichen irgendwann plötzlich ganz woanders steht - man kann auch nicht, oder nur mit noch viel krampfhafteren Verrenkungen, etwa Text rechts neben diesem Gebilde plazieren. Daß Word einen Formeleditor besitzt, hat sich hier noch nicht bis zu jemandem herumgesprochen - was schade ist, denn solcherart eingefügte Formeln sind viel leichter zu handhaben, zu ändern und in den Textfluß einzubauen so daß der text um die Formel herumfließt, so wie es hier in diesem Beispiel mit dem Text, den Sie gerade lesen, mehrfach demonstriert ist. |
Verwendung unadäquater Mittel |
Word gibt vor, graphische Darstellungen produzieren zu können, doch damit meint Microsoft es offensichtlich nicht so ernst, denn die eigentlichen Produkte für Diagramme und Skizzen wie etwa Visio sollen ja noch immer verkaufsfähig sein. Doch Anwender, die der Versprechung glauben (oder an andere, bessere Produkte nicht herankommen), quälen sich mit den bescheidenen Mitteln, die Word nunmal bietet. Und werden dann noch die oben beschriebenen Fehler gemacht, kommen geradezu haarsträubende Produkte heraus. Fassen wir das mal zusammen: Fehler 1: Überflüssige Enter-Tasten. Fehler 2: Tabulatoren wurden nicht gesetzt. Fehler 3: Als Folge der fehlenden Tabulatoren ist eine genaue Ausrichtung des Textes unmöglich. Der Text erscheint daher zu eng an den Linien. Fehler 4: Einrücken mit Leertasten. Fehler 5: Die Grafiken (Linienelemente) liegen unverankert über dem Text (das Ankersymbol fehlt). Folge: wird über der Stelle Text eingefügt, bleiben die Pfeile an Ort und Stelle liegen, während der Text weiterrückt. Fehler 6: Eingegebene statt automatische Trennstricht, z.B. in dem Kasten links, führen u.U. zu seltsamen Umbrüchen oder Trennstrichen mitten in der Zeile. Fehler 7: Positionsrahmen mit Textrahmen verwechselt. Führt zu der Leerzeile in dem Kasten links, weil der Rahmen sich nicht dem Text anpaßt. Fehler 8: Einrückung der ganzen Grafik durch Bestimmung eines Absatzformates der leeren Absatzzeichen. Dabei wäre es gerade hier so einfach gewesen: Die ganze Grafik kommt in einen Positionsrahmen, der in den umfließenden Text eingefügt wird, so daß er nicht "zerrissen" werden kann, und auch mitten im Text stehen kann. Alle Grafikelemente werden in diesen Rahmen plaziert, verschieben sich also mit dem Rahmen, und alle Texte stehen in eigenen Textrahmen, die ebenfalls im Positionsrahmen verankert werden - und dann schalten wir noch die automatische Silbentrennung ein. Und fertig. Warum ist das Einfachste so fernliegend? |
Und die Folgen? |
Eine Studienarbeit soll eine wissenschaftliche Arbeit sein, d.h., der Inhalt dominiert die Form (und nicht umgekehrt). Fehler dieses Typs führen bei mir also nur zu geringen Punktabzügen, denn ich betrachte zunächst die Sachaussage und dann die zur Darstellung benutzte Technik - aber eine Einskommanull ist mit solchen Hauern nicht drin. Doch das Problem liegt in Wirklichkeit tiefer: wer so arbeitet verrät, in Wirklichkeit ein Computeranalphabet zu sein, und das kann sich heute eigentlich kein Betriebswirt mehr leisten. |
Weitere Tips und Ratschläge |
Dieses Dokument hat sich nur mit einem spezifischen Problem befaßt. Lesen Sie hier weitere Ratschläge zur Erstellung von Studien-, Diplom- und anderen wissenschaftlichen Arbeiten nach: |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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