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»Economy Consult« oder wie man ein virtuelles Unternehmen führt |
Die Zeiten werden härter, bekanntlich auch im Bildungsgewerbe. Wurden unseriöse Firmen bislang oft in der Rechtsform der Limited geführt, was deren Ruf inzwischen leider gründlich versaut hat (Beispiel: »Der Autokönig«), so lauern auch Fallstricke in scheinbar völlig unverdächtigen Stelleninseraten. Schauen wir mal also etwas genauer hin: Diese Stellenanzeige befand sich im vergangenen Jahr in einer bekannten Stellenbörse, und auf den ersten Blick könnte das eine Chance für Arbeitssuchende im kaufmännischen Bereich sein: Offensichtlich betreibt hier jemand eine "Unternehmensberatung" und ein "Trainingszentrum" für kleine und mittelständische Unternehmen ("KMU"). Daran ist zunächst nichts auszusetzen. Die Überraschung kommt erst wenn man tut, was man jedem Bewerber nur dringend empfehlen kann: bei der Stadtverwaltung anrufen, genauer beim Gewerbeamt. Die kennen die hier genannte Firma nämlich nicht. Überraschung! Ist das hier ein virtuelles Unternehmen, das nur faktisch, nicht aber rechtlich existiert? Die Einsicht in das Handelsregister ist jedem gestattet (§9 Abs. 1 HGB), und inzwischen oft schon durch einen Telefonanruf möglich. Ein Anruf beim zuständigen Amtsgericht (§8 HGB) bestätigt das fragliche Bild - sehr kooperativ bekomme ich am Telefon (und im Nachgang schriftlich) Auskunft. Und das Bild vervollständigt sich bei der IHK Dresden: auch die hat weder »Economy Consult« noch den dortigen Ansprechpartner Matthias Kreher in ihrer Mitgliederkartei. Das freilich überrascht mich nicht mehr. Ein Gewerbebetrieb (§15 EStG) setzt Selbständigkeit, Nachhaltigkeit der Betätigung, Gewinnerzielungsabsicht und Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsleben voraus (R 15.1 bis R 15.4 EStR). Dies ist hier zweifellos gegeben. Eine Ausnahme sind die freien Berufe (§18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG), die in §6 Abs. 1 GewO kodifiziert sind. Zwar sind dort die beratenden und lehrenden Berufe ausdrücklich genannt, nicht aber der Betrieb von Bildungszentren. Dieser ist stets ein Gewerbe. Nur dort tätige Lehrer oder Berater sind Freiberufler. Ganz offenbar "versteckt" sich hier jemand - und verstößt nicht nur gegen §14 GewO (Pflicht zur Anzeige eines Gewerbebetriebes), sondern verschafft sich möglicherweise auch einen steuerrechtlichen Vorteil - jedenfalls, wenn der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb den gewerbesteuerrechtlichen Freibetrag von 24.500 Euro (§11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) bei natürlichen Personen übersteigt. Zudem kann die Sache als Schwarzarbeit gewertet werden (§1 Abs. 2 SchwarzArbG). Für Bewerber und Arbeitsuchende ergibt dies einen einfachen Rat: Drum prüfe, wer sich ewig bindet, wo sich das Amtsgericht befindet. Einschlägige Registerbehörden und Stadtverwaltungen habe ich bei vergleichbaren Recherchen immer höchst hilfsbereit gefunden. Bei Nachweis eines konkreten Bedarfes sollte auch eine Auskunft aus dem Gewerberegister problemlos möglich sein - mir wurde sie sogar schriftlich gewährt, ohne aber daß ich ein Bewerber wäre. Unter Umständen sind inzwischen sogar Auskünfte aus dem Einwohnermelderegister möglich - größere Städte haben dafür schon ein eingespieltes Verfahren. Wer solche Vorsichtsmaßnahmen außer Acht läßt, könnte ein böses Erwachen erleben - wenn sich beispielsweise das Trainingszentrum, in dem man sich auf eine Prüfung vorbereiten will, plötzlich verschwindet, weil es nie rechtlich existiert hat. Übrigens gibt es in Deutschland noch eine ganze Zahl anderer Unternehmen gleichen Namens. Das ist handelsrechtlich zulässig, da das Namensmonopol nur am jeweiligen Ort gilt (§30 Abs. 1 HGB), schädigt aber doch den Ruf anderer aber gleichnamiger Unternehmen, die von Kunden mit solche unseriösen Praktiken in Verbindung gebracht werden. Unser Artikel bezieht sich ausschließlich auf das oben genannte "Unternehmen" - ob es wirklich oder nur virtuell existiert, sei dahingestellt. Links zum Thema: Die englische Limited: Die Firewall gegen Bürokratie und Haftung | Fax-Spam: Der BWL-Bote stellt Strafantrag gegen »carking.de« | Fax Spam: so funktioniert das schmutzige Geschäft | Fax Spam: weitere Erkenntnisse über die »Köz-Szol-Ker Kft« (interne Links) Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Gewerbe", "Gewerbebetrieb" (und viele damit zusammenhängende Stichworte), "Gewerbesteuer", "Limited", "Schwarzarbeit". [Manuskripte]: "Steuerrecht.pdf". [Update vom 04.07.2006]: "Economy Consult" wurde zwischenzeitlich, möglicherweise aufgrund dieses Artikels, umbenannt. Ob Kreher sein neues Unternehmen bei den Behörden angemeldet hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Füllt man Wein in ein neues Faß um, so wird er dadurch nicht besser. Vor einer Zusammenarbeit mit diesem zweifelhaften Unternehmen, oder Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme dort, kann ich daher nach wie vor nur warnen. |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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