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Eigen- oder Fremdfertigung? Hinweise zu Aufgaben zum Make or Buy Problem

Immer wieder stehen Studenten und Auszubildende vor Aufgaben zur Frage der Eigen- oder Fremdfertigung, also zur Make or Buy Entscheidung. Diese Aufgaben scheinen sehr kompliziert zu sein, sind aber nur Anwendungsbeispiele zur Deckungsbeitrags- und Break Even Rechnung. Der kleiner Beitrag skizziert die wichtigsten Grundlagen. Auf der BWL CD finden sich mehr Inhalte zu diesem Thema. Die hier vorgestellte Lösung steht in der Datei "Make or Buy (Preisnachlaß).xls" im Excel-Ordner; ein ähnlicher aber schwierigerer Aufgabentyp kann in "Make or Buy (Maschinen).xls" besichtigt werden. Lesen Sie auch die materialwirtschaftlichen Manuskripte im Skripte-Ordner und die entsprechenden Einträge im Lexikon für Rechnungswesen und Controlling.

Das Problem

Ein Unternehmer steht vor der Entscheidung, ein bestimmtes Produkt selbst herzustellen oder es einzukaufen. Während diese Entscheidung strategische Untertöne hat (Selbstfertigung ist prestigeträchtig und macht unabhängig von äußeren Umständen wie Streiks oder Lieferschwierigkeiten der Zulieferer; Fremdfertigung macht flexibel und erlaubt schnelles Umdisponieren), stehen doch zumeist Kostenabwägungen im Vordergrund. Eine Entscheidung soll also aufgrund von Kostendaten herbeigeführt werden, was Kenntnisse in der Deckungsbeitrags- und Break Even Rechnung voraussetzt.

Ein Beispiel

Will der Unternehmer den Artikel einkaufen, dann habe ihm sein Zulieferer einen Einkaufspreis von 9 €/Stück genannt. Werden jedoch mehr als 4.999 Stück pro Rechnungsperiode bestellt, so sinkt der Preis auf 6,50 €/Stück; ab 10.000 Stück/Periode schließlich verkauft der Zulieferer das Produkt für 5,75 € pro Stück. Alternativ kann auch selbstgefertigt werden. Dann betragen die Fixkosten 12.000,00 € pro Rechnungsperiode und die variablen Herstellkosten liegen bei 5,00 €/Stück. Wie verhalten Sie sich?

Der elementare Lösungsansatz

PreisDeckungsbeitragBreak Even
9,00 €/Stück4,00 €/Stück3.000 Stück/Periode
6,50 €/Stück1,50 €/Stück8.000 Stück/Periode
5,75 €/Stück0,75 €/Stück16.000 Stück/Periode

Wie schon angedeutet muß man die Deckungsbeitrags- und die Break Even Rechnung zur Lösung dieses Aufgabentyps beherrschen. Erschwerend kommt hier hinzu, daß eine der Standarddefinitionen verändert werden muß. Der Deckungsbeitrag ist nämlich zunächst als Differenz zwischen variablen Kosten und Verkaufspreis definiert (wir erinnern uns: DB = Pvk-Kvar). Nur haben wir hier gar keine Verkaufspreise. Was also tun? Wir setzen anstelle der Verkaufspreise einfach die Einkaufspreise aus der Aufgabe, definieren also eigenmächtig DB = Pvk-Kvar. Der Break Even Punkt ist bekannt als Xmin = Kfix / DB. Berechnen wir das für alle Rabattstufen, dann ergibt sich die nebenstehende Übersicht. Hier ist wichtig zu beachten, daß alle drei Break Even Punkte sich jeweils innerhalb der zugehörigen Rabattstufen befinden: Der Break Even Punkt von 8.000 Stück/Periode für die 2. Rabattstufe beispielsweise wird auch tatsächlich erreicht, weil der zugeordnete Preis von 6,50 €/Stück für den Mengenbereich von 5.000 bis 9.999 Stück/Periode gilt.

Eine einfache Lösung

vonbisVerhaltensempfehlung
1 Stück/Periode3000,00 Stück/PeriodeEinkaufen
3.001 Stück/Periode4.999 Stück/PeriodeProduzieren
5.000 Stück/Periode8.000 Stück/PeriodeEinkaufen
8.001 Stück/Periode9.999 Stück/PeriodeProduzieren
10.000 Stück/Periode16.000 Stück/PeriodeEinkaufen
16.001 Stück/PeriodeunendlichProduzieren
Aus der vorstehenden Tabelle kann man jetzt also die nebenstehenden Empfehlungen ableiten, die das kostenoptimale Verhalten für jede beliebige Menge beschreiben. Dabei leuchtet ein, daß die Tabelle immer mit der Verhaltensweise "Einkaufen" beginnen muß, denn wer nur ein einziges Stück eines Produktes braucht, wird es in der Regel kaufen und nicht herstellen (denn wer ein Glas Milch will, kauft ja schließlich nicht die ganze Kuh):
Wie aber geht die Sache weiter? zur Visualisierung eignet sich die nachstehende Grafik, die mit der Datei "Make or Buy (Preisnachlaß).xls" aus dem Excel-Ordner der BWL CD erstellt wurde, und die numerischen Daten der Tabelle enthält. Die Verhaltensempfehlung listet dabei jeweils die der niedrigeren und damit kostengünstigeren der beiden Linien entsprechende Verhaltensweise:
Visualisierung des grundlegenden Problems

Verschärfte Varianten dieses Aufgabentyps

Wenn Sie die bisherigen Ausführungen verstanden haben, dann müßten Sie auch die beliebteste Verschärfung des vorstehenden Aufgabentyps erkennen. Diese besteht in einer scheinbar geringfügigen Änderung, die die Lösung aber wesentlich komplexer macht: In unserem Beispiel hebt der Lieferant den ersten Rabattpreis für Liefermengen von 5.000 Stück/Periode bis zu 9.999 Stück/Periode von bisher 6,00 €/Stück auf jetzt 7,75 €/Stück an. Alle anderen Daten bleiben unverändert. Welchen Einfluß hat das auf unsere Lösung?
PreisDeckungsbeitragBreak Even
9,00 €/Stück4,00 €/Stück3.000,00 Stück/Periode
7,75 €/Stück2,75 €/Stück4.363,64 Stück/Periode
5,75 €/Stück0,75 €/Stück16.000,00 Stück/Periode
Wir erstellen zunächst erneut die Deckungsbeitrags- und Break Even Tabelle. Da sich nur ein Preis verändert hat, müssen wir auch nur eine einzige Zeile neu berechnen; der Rest bleibt unverändert. Zur besseren Übersicht haben wir in der nebenstehenden Tabelle die veränderte Zeile mal fett gedruckt. Aber warum hat das so eine heftige Auswirkung?

Kleine Ursache, große Wirkung

vonbisVerhaltensempfehlung
1 Stück/Periode3000,00 Stück/PeriodeEinkaufen
3.001 Stück/Periode9.999 Stück/PeriodeProduzieren
10.000 Stück/Periode16.000 Stück/PeriodeEinkaufen
16.001 Stück/PeriodeunendlichProduzieren
Die zweite Break Even Menge von 4.363,64 Stück/Periode befindet sich jetzt außerhalb der Rabattstaffel, für die der Preis gilt, mit der die Break Even Grenze berechnet ist, d.h., wenn der (neue!) Preis von 7,75 €/Stück ab einer Bestellmenge von 5.000 Stück/Periode greift, dann ist die entsprechende Break Even Menge schon von Anfang an überschritten. Das wirkt sich folgendermaßen auf die Entscheidungstabelle aus:
Offensichtlich fällt jetzt die zweite Rabattstaffel vollkommen aus der Tabelle heraus, d.h., wird die erste Break Even Grenze von 3.000 Stück/Periode überschritten, so ist das Produzieren bis zur dritten Rabattstaffel durchgehend die kostengünstigste Verhaltensweise. Das kann mit der folgenden Skizze sicher besser dargestellt werden:
Visualisierung der verschärften Variante

Wie realitätsnah ist diese Aufgabenvariante?

In der Wirklichkeit hat man es mit sprungfixen Kosten, Kostenremanenz in der Produktion, nachträglichen Lieferantenboni, Interdependenz verschiedener Produktionsbereiche und entsprechenden Kostenänderungen und vielen anderen Problemen zu tun, die solche Entscheidungen viel komplexer aussehen lassen. Doch wer vor einer Prüfung die Frage nach der Realitätsnähe einer solchen Aufgabe stellt, hat die falsche Frage gestellt: solche Aufgaben sind nämlich in Prüfungen häufig, und daher müssen Sie sie beherrschen, wenn Sie die Prüfung bestehen wollen - ob Sie das später in dieser Form brauchen oder nicht, ist zunächst egal. Für die böse Wirklichkeit mit ihren Haken und Ösen gibt es jetzt Studien- und Diplomarbeiten und bald dann die begehrten, hochdotierten Beratungsaufträge...

Weitere Varianten des Problems

Übrigens gibt es noch eine Variante dieses Problems, bei dem der Einkaufspreis stabil bleibt, aber zur Produktion die Anzahl der Maschinen zu ermitteln ist. Für jede hinzugekaufte Maschine entstehen zusätzliche Fixkosten (sogenannte sprungfixe Kosten), die jeweils einen neuen Break Even Punkt und damit auch eine neue Entscheidungsstufe entstehen lassen. Dies kann weitaus schwieriger sein, weil es die Maschinenrechnung voraussetzt, und ist daher in Prüfungsaufgaben seltener, weil Prüfungsaufgaben ja nicht aufeinand er bezüglich sein sollen, also wer die Maschinenrechnung nicht geschafft hat, dennoch die nächsten Aufgaben lösen können soll. Wenn Sie es dennoch wissen wollen, und eine Die BWL CD besitzen, dann sehen Sie sich im Excel-Ordner einfach die Datei "Make or Buy (Maschinen).xls" an.

Links zum Thema

Die BWL CD | Lexikon für Rechnungswesen und Controlling (interne Links)


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