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Wie Lieschen Müller sich das Qualitätsmanagement vorstellt |
Vor mir liegt eine Prüfung, und die ist ein Problem. Für manche Teilnehmer jedenfalls. Wir verschweigen den Leergang und verraten keine Namen, kommen aber gleich zur Sache: Der Wortlaut einer Frage, die einer kurzen verbalen Schilderung der Notwendigkeit, ein QM-System einzuführen folgt, ist: Wählen Sie ein Darlegungsmodell, mit dem das Unternehmen zertifiziert werden soll und begründen Sie Ihre Wahl. Was wollen uns die Prüfungslyriker damit sagen? Im Lösungsvorschlag, der auf zwei Visitenkarten paßt, steht nur, daß die ISO 9000er das gewählte Darlegungsmodell ist, weil dieses der Standard sei und die Basis für zukünftige TQM-Systeme. Ein schwaches Bild. Der Lernende soll etwas auswendig lernen, zudem die kleine Hürde nehmen, den Begriff "Darlegungsmodell" mit einem ISO-System zu assoziieren, und dann empfindet der wackere Student die Spannung, die das QM vermittelt. In der nächsten Frage sollen drei mögliche Gründe aufgeführt werden, weshalb ein Unternehmen sich zertifizieren lassen könnte, und was für Vorteile das habe - auch nicht besser. Und das offizielle Lehrbuch, das an die Teilnehmer ausgegeben wird, schreibt den Namen des US-Qualitätspreises "Malcolm Baldridge Quality Award" konsistent falsch (also kein einfacher Fehler, sondern schlechte Recherche), und bringt statistische Prozeßkontrolle nicht über das Modell eines Toilettenkastenspülkastens hinaus... Das Qualitätsmanagement ist eine Herausforderung und zugleich eine Chance. Es ist eine Herausforderung, weil es Veränderungen der Rollenerwartungen und innerbetrieblichen Interaktionen mit sich bringt, und das einzuführen ist viel schwerer als eine neue Software oder eine neue Konzernmutter. Und es ist eine Chance, weil es einen innerbetrieblichen Kulturwandel erzeugt, hin zu mehr Kundenorientierung, hin zu mehr Service und möglichst weit weg von der Servicewüste. Das ist beides schwer, denn
Trotzdem haben wir es gegen Ende des Jahres 2001, ganze 98 Tage vor der Einführung des Euro-Bargeldes noch immer mit Software zu tun, die in PDF-Outputs keine Eurozeichen darstellen kann (Adobe PageMaker 7), und mit Postämtern, in denen an einem Freitagnachmittag von fünf Schaltern einer offen ist - und obwohl es in Deutschland fast so viele Arbeitslose gibt wie bei der Machtergreifung von Adolf Hitler kann man am Sonntag noch immer keine Milch kaufen. Das ist, worum sich das Qualitätsmanagement dreht - aber bis zu den Prüfungstextern der ... (Name gestrichen) ... hat sich das noch nicht durchgesprochen. Wenn das Qualitätsmanagement weiter so kommuniziert wird, dann ändert sich auch nix. Schade. Links zum Thema: Tips zu Prüfungen und ähnlichen unangenehmen Veranstaltungen | Skript über Qualitätsmanagement (PDF, knapp 300k) |
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Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
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