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Zwischenruf: Der böse Atomdämon, oder worum es in der Kernkraftdebatte wirklich geht

Anzahl und Heftigkeit der Berichte über Kernkraft-Störfälle in den letzten Tagen sind auffällig. In anderen Industriezweigen sind Transformatorenbrände oder falsch angebrachte Dübel kein Grund, die ganze Branche zu attackieren. Insgesamt entsteht so der Verdacht, daß es wiedermal gar nicht wirklich um Atomsicherheit geht, sondern andere, verborgene Motive dahinterstecken. Will man die Störfälle der letzten Zeit ausnutzen, die Kernkraft in Deutschland noch schneller abzutreiben?

So gab es eine Zeit, in der die SPD noch die Partei der Arbeiter war und die Kernkraft als das feierte, was sie auch ist, nämlich als Zukunftstechnik: billige Energie erhöht nämlich die Produktivität der produzierenden Wirtschaft und damit unseren materiellen Wohlstand. Das aber ist genau der Sinn des Wirtschaftens. In nahezu allen anderen Ländern rund um die Welt hat man das erkannt: Rußland, Thailand, Finnland - überall werden neue Kernkraftwerke gebaut, nur nicht hier in Deutschland. Der Iran läßt sich selbst von der US-Armee nicht davon abhalten, Brasilien auch nicht. Wissen es die Deutschen wieder einmal besser? Soll am deutschen Wesen immer noch die Welt genesen?

Auffällig ist das erregte Mediengeflatter auch aus einem ganz anderen Grund: andere Völker haben nämlich viel mehr Kernkraft, aber auch viel mehr Ruhe. Die Franzosen verstehen die deutschen Antiatom-Befindlichkeiten ohnehin nicht, die Russen oder Chinesen noch viel weniger. Die wollen einfach nur besser leben.

Wir anscheinend nicht: Völlig ungelöst ist nämlich die Frage, womit die etwas über 30% Strom aus Kernkraft nach erfolgreichem Abtreiben dieser Technologie herkommen sollen. Wind- und Solarenergie sind jedenfalls keine Lösung, denn Windräder und Solarzellen kosten im Saldo Energie anstatt welche zu erbringen - weil man parallel hohe konventionelle Leistung vorhalten muß, um Ausfälle bei plötzlichem Rückgang der Wind- oder Solarleistung zu verhindern. Man muß also andernorts Energie verschwenden um die sinnlosen politischen Öko-Vorgaben "erneuerbarer" Energie zu erfüllen, ein absurdes Theater.

Auffällig ist auch der Umgang der öffentlichen Stellen mit den Kernkraftbetreibern. Nein, ich meine nicht die letzten Wochen, sondern beispielsweise den Probebetrieb für das (inzwischen abgetriebene) Kernkraftwerk Obrigheim: der nämlich dauerte vom 22.09.1968 (Erstinbetriebnahme) bis Anfang der 1990er, ein Genehmigungsverfahren von einem Vierteljahrhundert. Ein Exorzismus zweifelhafter Modernität?

Noch auffälliger ist die Klima-Religion: der unter Merkel bald staatstragende Glaube an die angebliche Treibhauskatastrophe wäre nämlich das erste Argument für emissionsfreie Kernkraftwerke. Nicht umsonst steht ja die Nuklearindustrie im Verdacht, den Klimaglauben überhaupt erst in die Welt gesetzt zu haben - um sich selbst vor den Kernkraft- und Energieversorgungsgegnern zu schützen. Warum hat das nicht geklappt?

Max Weber erklärte in "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" einst die moderne Wirtschaft aus der Religion. Diese Argumentation ist auch hier interessant: die Wissenschaft und ihr ausführender Arm, die Industrie, setzen nämlich Gottes Gebot um, sich die Erde untertan zu machen (1 Mose 1, 28). Die Kernkraft ist die höchste bisher erreichte Stufe der Herrschaft des Menschen über die Natur. Sie ist also auch oberstes Ziel der ökologistischen Neureligion. Die betrachtet die protestantischen Tugenden wie Fleiß, Bescheidenheit, harte Arbeit und materiellen Erfolg als Teufelszeug. Kein Wunder, daß Vattenfall-Chef Josefsson und E.on-Boß Bernotat sich im Spiegel bzw. im Stern noch für das Erzielen von Gewinnen rechtfertigen mußten.

Wir sollen, so der neue Glaube, zurück in die Wiesen und Felder, wieder wie einst von der Natur beherrscht werden anstatt selbst die Natur zu beherrschen. Die Kernkraft ist nicht unsicher oder "klimaschädlich", sondern ein moderner Dämon. Was wir zur Zeit in Krümmel und anderswo erleben, ist eine "moderne" Teufelsaustreibung. Diesen als Überrest der vergessenen christlichen Religion zu bekämpfen ist das wirkliche Ziel der sogenannten Antiatom-Bewegung, die in Wirklichkeit eine Art Öko-Neuheidentum ist. Statt "klimaschädlicher" Brandopfer fordert diese Neureligion Askese und Verzicht, zum Beispiel auf Klimaanlagen, individuelle Mobilität und eine kontinuierliche und billige Stromversorgung. Wie andere religiöse Sekten auch fordert sie die Überwachung des Gläubigen, zum Beispiel durch den Emissionshandel. Sie hat ihre neue Priesterkaste in Gestalt der Klima"wissenschaftler" und ihre Orden in den stramm und autoritär geführten Öko-Organisationen. Und ihre Tempelwächter in Gestalt der Rationierungsbehörden, die den Emissionshandel überwachen und bei Verstößen mit dem Pranger des §18 Abs. 4 TEHG strafen. Ob freilich die gegenwärtige Landpflegerin des neuen Imperium Americanum im grünen Zeichen siegen wird, ist ungewiß: man kann nicht ein ganzes Volk zum Verzicht zwingen. Rückschritt und Stagnation unter dem Öko-Siegel haben Grenzen, besonders in einer globalisierten Welt. Wer heute den Kopf in den Sand steckt, der knirscht bekanntlich morgen mit den Zähnen. Das gilt sogar für Frau Merkel und ihre Öko-Sturmtruppen.

Links zum Thema: Wo es rückwärts vorwärts geht: über Produktivität, Knappheit und Herrschaft | Wie die Windenergie Arbeitsplätze und Rohstoffe vernichtet | Die zehn Gebote der Öko-Religion | Deutschland verstößt gegen die Menschenrechte (interne Links)

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