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»Sunset Legislation«: wenn die Sonne am juristischen Horizont untergeht

Wenn die Sonne untergeht, so weiß man, wird es dunkel. Aber nicht jede Dunkelheit bewirkt auch Umnachtung, insbesondere nicht im Bereich der Gesetzgebung, wo gar das Gegenteil der Fall sein kann: kaum fehlt eine Regelung, schon blühen wirtschaftliche Freiheit und gesellschaftlicher Fortschritt. Was also ist ein Gesetz mit eingebautem Sonnenuntergang, und was könnten uns solche Gesetzesuntergänge bringen?

Der Sonnenuntergang über manch absurder RegelungDer Begriff "Sunset Legislation" geht auf den Federal Agency Sunset Review Act of 1998 (H.R. 1227) zurück, der US-Gesetze auf Bundesebene erstmals mit einem Verfallsdatum versah. Bei Erreichen dieses Datums mußte das jeweilige Gesetz ausdrücklich verlängert werden. Tat der Gesetzgeber nichts, so trat das Gesetz automatisch außer Kraft. Nicht die Abschaffung überflüssiger Regelungen bedarf also der Rechtfertigung und parlamentarischen Zustimmung, sondern der Erhalt sinnvoller Vorschriften. Etwa die Hälfte der US-Bundesstaaten haben inzwischen eine ähnliche Regelung. Und sogar in Europa hat man begonnen, darüber nachzudenken. Zum Beispiel in Deutschland.

So hat es mit der Reform des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) fast hundert Jahre gedauert, und Rabattgesetz und Zugabeverordnung trugen bei ihrem wohlverdienten Verschwinden aus den Gesetzbüchern im Jahre 2001 noch immer die Unterschrift von Adolf Hitler. Und vom absurdesten aller deutschen Gesetzeswerke, dem Ladenschluß, fangen wir mal lieber gar nicht erst an, obwohl auch das Furzgesetz ein erstklassiger Abschaffungskandidat wäre.

Wie dringlich eine durchgreifende Deregulierung ist, zeigt die Kaiserliche Kriegsmarine. Für deren Finanzierung führte Kaiser Wilhelm II einst die Sektsteuer ein. Die deutsche Kriegsmarine ist seither schon zwei Mal komplett untergegangen, aber die Sektsteuer gibt es immer noch. Aber auch viele überlebte Regelwerke, die einst zum Schutz einer Personengruppe eingeführt wurden, nunmehr aber gerade diese Menschen einer existenziellen Gefahr aussetzen, gehören endlich auf den Müll der Juristerei - ebenso wie wahrlich wichtige Regelwerke wie beispielsweise Bundesrasenmähergesetz oder, kaum zu glauben, das Heilpraktikergesetz: das nämlich regelt bis auf den heutigen Tag, daß aufgrund besonderer Fähigkeiten oder Leistungen als Heilpraktiker zum Medizinstudium zugelassen werden kann, wer einen Antrag an den Reichsminister des Inneren stellt (§2 Abs. 2 HeilprG), also an den Stellvertreter des Führers. Heinrich Himmler hat bis heute was zu sagen, sogar 61 Jahre nach seinem wohlverdienten Tod.

Schade nur, daß eine durchreifende Entschlackung des deutschen Rechts uns so mancher Lachnummern berauben würde. So gingen wir beispielsweise des Bienenrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches verlustig, ein herber Verlust, fürwahr. Dieses regelt nämlich, daß ein Bienenschwarm eine herrenlose Sache wird, wenn er auszieht und ihn sein Besitzer nicht unverzüglich verfolgt (§961 BGB), wobei der seinen Bienen nachhechelnde Eigentümer auch fremde Grundstücke betreten und fremde Bienenwohnungen gewaltsam zur Wiedererlangung seiner Bienen aufbrechen darf, freilich nur gegen Schadensersatz (§962 BGB). Ach ja, und vereinigen sich Bienenschwärme, so entsteht Miteigentum, aber nicht nach der Zahl der Bienen, sondern nur der Zahl der Schwärme (§963 BGB).

Aber am Ende dürfte die ganze Debatte doch wirkungslos bleiben, denn glaubt man den vielfach kursierenden Gerüchten, werden zwei Drittel aller weltweit erscheinenden Texte über Steuerrecht in deutscher Sprache und über deutsches Steuerrecht veröffentlicht - und trotzdem (!) legt beispielsweise das Grundsteuerrecht bis heute Hitlers Volkszählung vom 16.06.1933 zugrunde. Diesen Augias-Stall auszumisten dürfte vermutlich selbst den griechischen Heroen Herakles überfordern. Von deutschen Juristen und Politikern fangen wir da lieber gar nicht erst an...

Links zum Thema: Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG): Eckpunkte der anstehenden Reform | Öko-Narrenhaus: »Projektbezogene Mechanismen«, oder was ein Schweinefurz »wert« sein kann | Der konspirative Dozent: Wie die BfA Existenzen vernichtet | Zwischenruf: Hitlers Volkszählung vom 16.06.1933 (interne Links) Gesetze im Internet | Hitlers Heilpraktikergesetz (externe Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Fahrtenbuch", "Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte", "Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb", "Fahrtkosten". [Manuskripte]: "Steuerrecht.pdf". [Excel]: "Fahrtkosten.xls".
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