Der kostenlose Newsletter der BWL CD © Harry Zingel 2001-2009 |
Mehr wissen, mehr können, mehr sein! |
Startseite | Copyright | Rechtschreibung | Link mich! | Impressum | Blog | |
»Old habits die hard« oder wie man zuverlässig Prüfungen in den Sand setzt |
"Old habits die hard" weiß ein altes englisches Sprichwort, "der Mensch ist ein Gewohnheitstier", sehr frei übersetzt. Wie wahr, auch im Bildungsgewerbe. Immerhin ist es erstaunlich, wie sehr alte eingefahrene Denk- und Verhaltensstrukturen aus vergangenen Zeiten staatlicher Vollkaskoversicherung und entsprechender Entmündigung durch Partei, Staat und Gesellschaft in zwangswirtschaftlichen Verhältnissen sich noch bis in die Gegenwart gerettet haben. Nein, ich meine weder das Finanzamt noch die Stadtverwaltung. Aber der Reihe nach... Jetzt da es keine Leer- und Bildungsveranstaltungen der zu Agenturen mutierten Arbeitsämter mehr gibt, glaubte man, den Typ des frustrierten Umschulungsteilnehmers, der zu seinem Glück unter Androhung eher drastischer Kürzungen gezwungen werden soll und also seinen Frust konsequent und gekonnt am Dozenten abläßt, zu den Akten legen zu können, ein Treppenwitz aus der Geschichte des Sozialstaates, ein Lehrstück, welche Auswüchse die staatliche Vollversorgung so gebären kann. Doch Totgesagte leben länger, auch wenn sie sich in Mutationen aus der wohlverdienten Totenruhe erheben. Wir alle wissen, daß die Prüfungen der Kämmerlinge eher kernig sind, ein beliebtes Gesellschaftsspiel aus gutkonstruierten Fallen und ihren alsbald bloßgestellten Mechanismen (hier, hier und hier, in dieser Reihenfolge). Wer das überstehen will, muß nicht nur den Worten des Dozenten andächtig lauschen, um so mehr als dieser über Erfahrung nicht nur mit dem Lehrgegenstand sondern auch mit jenem Gesellschaftsspiel und den zuständigen Ausschüssen besitzt, sondern sich auch zu Hause und zwischen den Präsenzterminen mit den Inhalten befassen, und tut er das nicht, so muß er ein Genie sein, oder sehr viel Glück haben, oder viel Zeit für viele umsonst vertane Wochenenden. Das ist harte Arbeit, wir wissen es wohl, und erfordert eine Menge Willenskraft. Was zu meinen ersten Predigten gehört, in aller Regel gleich in der Infoveranstaltung. Um so mehr wundert der gestern Abend allen Ernstes gehörte Satz, daß ich doch wohl nicht etwa erwarte, daß man sich auch am Abend noch mit dem Stoff auseinandersetze - aus dem Munde eines Mannes, der, oder dessen Brötchengeber, eine ganze Menge gutes Geld für den Lehrgang auf den Tisch des öffentlichen Hauses gelegt hat. Ja, eine Lehr- und nicht eine Leerveranstaltung, denn ich ziehe und übe Druck aus, besonders dann, wenn es nach einem halbverlorenen Jahr spät aber noch nicht zu spät ist. Doch selbst extrinsische Motivation scheint nicht zur rechten Prüfungsbegeisterung verholfen zu haben, jedenfalls nicht bei der Vorgängerveranstaltung, über die mir weitere Angaben freilich durch die Amtsverschwiegenheit verboten sind. Der langen Rede kurzer Sinn ist indes, daß wer nicht hart arbeitet, den Weg zum Erfolg nicht findet, denn das ist der einzige Ort der Welt, zu dem es keinen Lift gibt. Man muß immer die Treppe benutzen. Auch wenn man die Veranstaltung von einem Arbeitgeber gesponsort bekommt ist das anstrengend und frustrierend, aber so ist das Leben. Doch was nichts kostet, weil es der Arbeitgeber bezahlt, ist auch nichts wert: so wundert es nicht, daß selbst in einer solchen Lehrveranstaltung über Rechnungswesen und Controlling die Anzahl der anwesenden Handelsgesetzbücher viel kleiner ist als die Anzahl der anwesenden Prüfungskandidaten. »Old habits die hard«! Heute haben Prüfer aber keine Skrupel mehr, Leute durchknallen zu lassen, ja sie werden bisweilen sogar gebeten, mehr Durchfaller zu produzieren, was zu der Unterstellung Anlaß gibt, daß der jeweilige Abschluß durch geringe Bestehensquote aufgewertet werden solle, denn seltenere Zertifikate haben einen höheren Marktwert. Schülerleistung ist also nicht mehr Lehrerleistung, und die, die das nicht wahrhaben wollen, haben die Zeichen der Zeit noch immer nicht verstanden, selbst sechzehn Jahre nach dem offiziellen Ende des Sozialismus in Deutschland. Links zum Thema: Knallharte Prüfungsfragen zur Break Even Rechnung, Teil 1 von 3 | Teil 2 von 3 | Teil 3 von 3 | Über die Alpen zum Lernerfolg, oder wie Betriebswirte Berge besteigen | Schülerleistung ist Lehrerleistung: Über die Auswertung von Klausurergebnissen (interne Links) |
© Harry Zingel 2001-2008
Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
Zurück zur Hauptseite: http://www.bwl-bote.de